Verbena officinalis. Echtes Eisenkraut. Verbenaceae.

Botanical name: 

Name: Verbéna officinális L. Echtes Eisenkraut, Eisenbart, Katzenblutkraut, Heiligkraut, Sagenkraut. Französisch: Herbe de verveine, herbe sacrée, herbe à tous maux; englisch: Vervein, peristerian wort, holy wort; italienisch: Verbena, herba di San Giovanni; dänisch: Jernurt; polnisch: Werbena; russisch: Zelezniak; tschechisch: Sporýš lékařský; ungarisch: Vasfü.

Verbreitungsgebiet: Fast über die ganze Erde verbreitet.

Namensursprung: Die Bedeutung des Namens Verbena, der wahrscheinlich keltischen Ursprungs ist, ist nicht mehr bekannt. Die Römer verstanden unter Verbena eine Anzahl Pflanzen, die bei religiösen und anderen feierlichen Handlungen gebraucht wurden. Der Name Eisenkraut ist eine Übersetzung des griechischen "sideritis" (Pflanzenname bei Dioskurides), σ_δηρος (sideros) = Eisen.

Volkstümliche Bezeichnungen: Iserhark = Eisenhart (Mecklenburg), Eisenhindrik, iserne Hendrek, îren Hendrek = eiserner Heinrich (Göttingen), Eisick (Nahegebiet).

Botanisches: Die ein- bis mehrjährige Pflanze mit spindelförmiger, ästiger Wurzel ist ursprünglich wohl im Mittelmeergebiet heimisch. Heute ist sie fast über die ganze Erde verschleppt. Die 30-75 cm hohen Stengel sind vierkantig und oberwärts ästig, die gegenständigen behaarten Blätter länglich. Die kleinen Blüten stehen in vielblütigen, lockeren Ähren auf rutenförmigen Zweigen, die drüsig behaart sind. Der Kelch ist vier- bis fünfspaltig und röhrenförmig, die blaß-lila, stieltellerförmige Blumenkrone hat eine gekrümmte Röhre. Der schief fünfspaltige Saum ist fast zweilippig. Es sind vier Staubgefäße und ein oberständiger Fruchtknoten vorhanden. Da nur spärlicher Insektenbesuch eintritt, ist spontane Selbstbestäubung erfolgreich. Verbena officinalis bedarf ziemlicher Wärme, ist jedoch gegen Beschädigungen, vor allem gegen den Tritt von Weidevieh und Menschen, sehr unempfindlich. Sie gedeiht hauptsächlich auf mageren, schwach gedüngten Weiden und an Rändern der Dorfwege. Blütezeit: Juli bis Oktober.

Geschichtliches und Allgemeines:

Verbena officinalis genoß schon bei den antiken Völkern große Verehrung. Sie war der Erigineia, der Göttin der Frühe, geweiht und war nach Plinius die berühmteste Pflanze der römischen Flora (Herba sacra, von der immer ein Bündel auf dem Altare des Jupiters lag). Im alten Ägypten hieß sie die Träne der Iris. Sie wurde bei feierlichen Gelegenheiten verbrannt und galt als das beste Wundmittel bei Verletzungen durch eiserne Waffen. Die Hippokratiker empfahlen sie gegen Unfruchtbarkeit. Flavianus aus Kreta gebrauchte sie gegen Schwindsucht. - Wann sie nach Mitteleuropa gelangt ist, steht nicht fest, jedoch soll sie schon bei den alten Germanen und Kelten bekannt gewesen sein. Im Aberglauben aller Völker hat sie von jeher eine große Rolle gespielt. Nach Plinius behaupteten die Magier, daß man, wenn man sich mit der Pflanze salbe, alles erlange, was man wolle, daß sie das Fieber vertreibe, alle möglichen Krankheiten heile und Freundschaft erwecke, daß man sie beim Aufgang des Sirius sammeln müsse und zwar so, daß weder Sonne noch Mond es sähen. Auch im Mittelalter wurde Verbena officinalis viel als Zauber- und Beschwörungsmittel benutzt. Grimm bringt aus Thurneissens Erklärung der Archidoxen die Verse:

"Verbena, Agrimonia, Modelger,
Charfreitags gegraben, hilfft dich sehr,
Daß dir die Frauen werden hold,
Doch brauch kein Eisen, grab's mit Gold."

Wirkung

Das Eisenkraut gehört schon zu den Arzneimitteln des Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 605.), der hl. Hildegard (Der Äbt. Hildegarad Causae et Curae, S. 156, 191.) und des Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 358, 940, Bd. 2, S. 57, Bd. 3, S. 380.).

Groß ist die Zahl der Indikationen, die Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 253 D.) dafür angibt. Er empfiehlt es bei Wunden und alten Schäden, verstopfter Leber, Milz, Niere und Uterus, bei Asthma, Wechselfieber, Gelbsucht, Lungenleiden, Blasenstein, Magenschmerzen, Blutharnen, Kopfschmerz, Augengeschwür und Trübsichtigkeit, Zahngeschwüren und Feigwarzen.

Nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1318.) wird dem Kraut eine "kühlende, anziehende und schmerzstillende Wundkraft" und Wirkung bei zu starkem Wochenfluß zugeschrieben.

Blankard (Blankard, Neuscheinende Praxis der Medicinae, Frankfurt u. Leipzig 1690, zit. b. Pressel, Dissert. Jena 1936.) ist voll des Lobes über die Heilkraft der Eisenkrautblätter, "eine ganze Familie war von einem Dekokt von Verbena von der Gelbsucht genesen".

Aschenbrenner (Aschenbrenner, Die neueren Arzneimittel und Arzneizubereitungsformen, S. 308, Erlangen 1851.) berichtet von guten Resultaten bei Wechselfieber (als ausgezeichnetes Unterstützungsmittel von China) und bei adynamischen Uterusblutungen.

Pfarrer Kneipp (Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 914, München 1935.) schätzt sie "als vortreffliches Heilmittel bei vielen Krankheiten", so bei Hydrops, Leber-, Milz- und Nierenleiden, Gelbsucht, Hämaturie, Stein- und Grießleiden, Atembeschwerden und Keuchhusten. Die äußerliche Anwendung hält er zum Reinigen von Wunden und Geschwüren und als Gurgelwasser für angezeigt.

Die Volksmedizin benützt das Eisenkraut als Expektorans, Antirheumatikum, Diuretikum und Diaphoretikum, äußerlich gegen chronische Ekzeme (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 182.).

Gegen schwere Wunden, Geschwülste, Wechselfieber und Blutstockungen wird in China (Tsutomu Ishidoya, Chines. Drogen, Teil I, S. 21.) Verbena officinalis unter der Bezeichnung Ma-pien-ts'ao gebraucht.

Leclerc (Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 144, Paris 1927.) hatte mit dem Fluidextrakt Erfolg in der Behandlung leichterer Fälle von Trigeminusneuralgien.

Die Homöopathie (Heinigkes Handb. d. hom. Arzneiwirkungsl., S. 681.) bedient sich des Mittels als Antispasmodikum und Nervino-Tonikum.

Die Wirkung von Verbena officinalis wird hauptsächlich bedingt durch das Glykosid Verbenalin (Thoms, Handb. d. pr. u. wiss. Pharm., Bd. V, S. 1502.), das nach Holste (Holste, Ztschr. f. exp. Path. 1918, Bd. 19, S. 483.) beim Kaltblüter in hohen Dosen klonische und tetanische Krämpfe, in ganz starken Gaben völlige Lähmung verursacht; beim Meerschweinchen konnte er Kontraktionssteigerung der Uterusmuskulatur durch Verstärkung der Spontanbewegungen und Erhöhung des Tonus beobachten. Eine vergleichende Prüfung des Verbenalins mit bekannten Uterustonika, wie Hypophysis-Opton und Tenosin, ergab die gleichartige Wirkung des Verbenalins.

Eine praktische Bedeutung als Wehenmittel konnte Verbenalin bisher noch nicht erlangen, doch wären weitere klinische Versuche, auch mit der ganzen Droge, zu empfehlen.

Reichert (Reichert, Arch. Pharm. Ber. dtsch. pharm. Ges., 273, 357-60, Juni 1935 (C. C. 1935.) stellt fest, daß das Verbenalin identisch mit dem aus der Wurzelrinde von Cornus florida L. isoliertem Cornin ist. Dieser letztere Name soll nun auch für Verbenalin gelten.

Das Verbenalin soll beim Trocknen der Pflanze teilweise verschwinden. Es wurden ferner gefunden: Invertin und Emulsin (Bourdier, J. Pharm. Chim. 1908 (6), 27. 49, 101 (C. C. 1908, I, 955); Arch. Pharm. 1908, 246, 272.).

Versuche bezüglich der Einwirkung von Verbena auf das Wachstum zeigten, daß durch eine Zugabe von Verbena-Urtinktur (pro Tag 0,4 ccm auf 10 ccm Wasser) zum normalen Futter bei jungen wachsenden Ratten keine Gewichtssteigerung hervorgerufen wurde. Bei Kaulquappen fördert Verbena dagegen das Wachstum, ohne die Metamorphose zu beschleunigen (Nach eigenen Untersuchungen.).

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Bei Leber-, Milz- und Nierenleiden, äußerlich auf Wunden und als Gurgelwasser.

Polen: Als Blutreinigungsmittel.

Steiermark: Mit Fett vermengt innerlich genommen als ausgezeichnetes Mittel gegen Gicht.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Verbena ist als Bitterpflanze ein allgemeines Anregungsmittel bei Erschöpfungszuständen, Nervenleiden, Schlaflosigkeit, nervöser Depression, Müdigkeit, Anämie und Chlorose. In der Pubertätszeit ist sie von wohltätigem Einfluß. Ebenso gibt man sie bei hypophysären Störungen, ovariell bedingter Sterilität, Amenorrhöe und Erschöpfungszuständen, die mit dem menstruellen Zyklus verbunden sind.

Auch allgemeine Stauungssymptome der Leber und Nieren sind beliebte Indikationen. Dementsprechend gibt man sie auch bei Hydrops und Ödemen, weiter auch bei Cystitis mit Hämaturie.

Häufig wird Verbena auch bei Krampfzuständen, Keuchhusten und Asthma und bei fieberhaften Zuständen verwendet.

Äußerlich eignet sie sich auch bei Hals- und Kehlkopfleiden und Zungengeschwüren als Gurgelmittel und zu Umschlägen bei Flechten, Exanthemen und schwer heilenden Ulzera.

Angewandter Pflanzenteil:

Hippokrates nennt die Wurzel.

Die hl. Hildegard spricht nur vom Eisenkraut.

Über die Wirkung von Wurzel und Kraut weiß Lonicerus zu berichten, Thoms führt nur das Kraut an.

Schulz und Hager erwähnen Wurzel und Kraut.

Nach dem HAB. ist das frische blühende Kraut zu verwenden (§ 2). Die frische Pflanze mit Wurzel wird zur Herstellung des "Teep" benutzt.

Sammelzeit: Juli bis September.

Herba Verbenae (florens) ist in Portugal offizinell.

Dosierung:

Übliche Dosis:
1-2 Teelöffel voll des Fluidextraktes (Leclerc);
1 Messerspitze des Pulvers dreimal täglich.
1-2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Hb. Verbenae c. rad.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Erschöpfungszuständen, Anämie und Chlorose:

Rp.:
Hb. Verbenae c. rad. . . . 30 (= Eisenkraut mit Wurzel)
D.s.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber schluckweise trinken.
(Teezubereitung: Der Extraktgehalt des heiß im Verhältnis 1 : 10 bereiteten Tees beträgt 2,2% gegenüber 1,9% bei kalter Zubereitung. Der Aschengehalt des Extraktes beträgt 0,42% bei heißer und 0,38% bei kalter Zubereitung. Die Peroxydasereaktion war nicht mit Sicherheit in beiden Zubereitungen festzustellen. Geschmacklich ist zwischen heiß und kalt bereitetem Tee kein Unterschied festzustellen. Der Ansatz 1 : 100 schmeckt eben noch bitter, während ein Ansatz 1 : 50 wegen seines bitteren Geschmackes kaum noch trinkbar ist.
1 Teelöffel voll wiegt etwa 1,5 g. Der Tee kann kalt oder heiß angesetzt werden.).

Bei Anämie und Chlorose (nach Finsterwalder):

Rp.:
Hb. Verbenae (= Eisenkraut)
Hb. Bursae pastoris (= Hirtentäschelkraut)
Rad. Taraxaci (= Löwenzahnwurzel)
Rad. Cichorii intybi (= Wegwartenwurzel)
Hb. Centaurii (= Tausendgüldenkraut)
Fol. Juglandis regiae . . . aa 15 (= Walnußblätter)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.92 RM.

Bei Ikterus mit Milzstauung (nach Görgens):

Rp.:
Hb. Veronicae (= Ehrenpreiskraut)
Hb. Agrimoniae eupatoriae (= Odermennigkraut)
Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)
Hb. Absinthii (= Wermutkraut)
Rad. Cichorii int. (= Wegwartenwurzel)
Rad. Taraxaci . . . aa 20 (= Löwenzahnwurzel)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.97 RM.

Bei Fieber (nach Inverni):

Eisenkrautfluidextrakt . . . 10
Chinafluidextrakt . . . 20
Bitterorangenfluidextrakt . . . 5
Zimttinktur . . . 15
Weißwein bis auf . . . 1000
Mischen, einige Tage stehen lassen, dann filtrieren.
S.: Vor dem Essen 1 Likörgläschen voll.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.