Elaterium. Springgurke. Cucurbitaceae.
Name: Ecbállium elatérium (L.) A. Rich. Gemeine Spritzgurke, Springgurke, Eselsgurke, Wilde bittere Gurke. Französisch: Momordique, Concombre sauvage, concombre diâne; englisch: Elaterium Fruit, wild Cucumber; italienisch: Cocomero asinino; dänisch: Äsels-Agurken, Spring-Agurken; polnisch: Ośli ogórek; russisch: Oslinyj oguriec.
Verbreitungsgebiet: Kultiviert zu medizinischen Zwecken in England u. Frankreich.
Namensursprung: Ecballium wird vom griechischen _χβ_λλειν (ekballein) = herauswerfen, in bezug auf das heftige Ausschleudern der Samen aus der reifen Frucht, abgeleitet; Elaterium von eferre (elatum) hat dieselbe Bedeutung, ebenso Spring- oder Spritzgurke.
Botanisches: Die Spritzgurke ist eine niederliegende, einhäusige, ausdauernde Staude. Aus einer dicken fleischigen Wurzel, die oft bis zu 30 cm tief in die Erde eindringt, entspringt der dicke, saftige, bis zu 2 m lange Stengel, der sich ästig nach allen Seiten auf der Erde ausbreitet. Die aufsteigenden Äste sind wie der Stengel stielrund und wie dieser mit zahlreichen Borstenhaaren besetzt, so daß er sich sehr rauh anfühlt. Die rauhhaarigen, herzförmigen Blätter sind dick, fleischig und runzlig. Sie sind oberseits mit weich-stachligen und unterseits mit filzig-kurzen Haaren besetzt. Die Blüten sind schmutzig-gelb, die männlichen stehen in sehr langgestielten einfachen Doldentrauben, die kurzgestielten weiblichen einzeln. Die Frucht ist walnußgroß, fleischig, gelblich-grün, sehr rauh und borstig-weich-stachlig, innen dreifächrig und hängt bei der Reife über. Dann springt sie bei der geringsten Berührung auf. Dabei werden die schwärzlich-braunen Samen zugleich mit dem schleimigen Saft durch eine kreisrunde Öffnung am Ende der Frucht 4-5 m weit geschleudert. Wenn die Samen ins Wasser gelegt werden, schwillt die äußere Samenschale zu einer halb durchsichtigen gallertigen Masse an.
Blütezeit: Juni bis September. Vorkommen: An dürren steinigen Orten. Heimat: Südliches Europa.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die Anwendung der Spritzgurke führt bis in die ältesten Anfänge der Medizin zurück. Schon bei den Knidiern war sie ein viel gebrauchtes Mittel. Hippokrates verschrieb sie als Abführmittel, empfahl aber wegen der heftigen Wirkung Vorsicht bei der Verwendung. Dioskurides empfiehlt die Wurzel mit Essig gekocht als Kataplasma gegen Podagra, die Abkochung als Klistier gegen Ischias und als Mundspülwasser gegen Zahnschmerzen; fein gestoßen entferne sie weiße Flecken, Aussatz und Flechten; der Saft der Wurzel wirke abführend und sei besonders bei Wassersüchtigen anzuwenden. Ferner gibt er eine genaue Beschreibung der Herstellung des Elateriums. Bis in die neuere Zeit ist die Anwendungsweise ziemlich die gleiche geblieben. Fernel und Sydenham rühmen die Pflanze als Heilmittel, und Bright hat damit gute Erfolge in der nach ihm benannten Krankheit erzielt. Todd erzählt den Fall einer Frau, die Anasarka mit epileptischen Anfällen hatte und durch Elaterium geheilt wurde. Unter Elaterium album versteht man den getrockneten Bodensatz, der sich im Preßsaft bildet, also nicht den eingedickten Preßsaft selbst. Er enthält 15-50% Elaterin. Unter Elaterium nigrum versteht man den eingedickten Preßsaft, der 15-20% Elaterium enthält.
Wirkung
Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 287.) weist nur auf die purgierende Kraft des Elateriums hin, während
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 439.) auch die gallentreibende, emmenagoge, vor allem aber die diuretische Wirkung anführt. Bei Angina läßt er den Elateriumsaft, mit Honig und Öl vermischt, auf den Hals streichen, weil dies die "jnnwendige Geschwulst verzehrt"; mit Rosenöl gekocht soll er die "weychen schwachen Knye" stärken.
Als Haupt indikation führt v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 518.) Hydrops an, dazu alle Leiden, "wo wässerichte Feuchtigkeiten durch den Stulgang auszuführen sind"; die stark purgierende und wurmtötende Wirkung wird von ihm selbst-verständlich auch genannt.
Clarus (Clarus, Handb. d. spec. Arzneimittell., 1860, S. 989.) verordnet Elaterium als "drastisches Hydragogum bei torpiden, phlegmatischen Subjekten".
Auch die englische Medizin wendet es als kräftiges hydragoges Kathartikum an (Brit. Pharm. Codex, 1923, S. 401.), das auch als Ableitungsmittel bei cerebralen Erscheinungen, so z. B. bei drohender Apoplexie, gebraucht wird (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, Bd. II, S. 115, London 1880.).
Auf Grund seiner drastisch purgierenden Wirkung hält Leclerc (Leclerc, H., Précis de Phytothérapie, S. 8, Paris 1927.) es angezeigt bei Urämie, Hepatozirrhose und allen Leiden, bei denen eine Entlastung des Herzens wünschenswert ist. Auch bei Adipositas und Vertigo der Arteriosklerotiker sah er gute Erfolge.
In Form eines "Cohombrillo" genannten Extraktes wird Elaterium häufig in den mexikanischen Hafenstädten von Matrosen gegen Alkohol- und Rauschgiftkater genommen. Dieser Cohombrillo des Geheimhandels ist ein Trockenextrakt, der gewonnen wird, indem man die unreifen, vor dem Aufplatzen gesammelten Früchte auspreßt, den Saft durch ein Sieb treibt und auf einem flachen Teller trocknen läßt (Reko, Heil- u. Gewürzpfl. 1931, Bd. 13, H. 3/4; derselbe, Magische Gifte, 1936, S. 158.). Die Anwendung läßt sich durch die starke diuretische Wirkung erklären.
Profuse Diarrhöen und Cholera infantum sind die wichtigsten Indikationen der homöopathischen Schule (Clarke, A Dictionary of Materia medica, Bd. I, S. 699; Heinigke's Handb. der hom. Arznei-wirkungsl., S. 248; Stauffer, Klin. hom. Arzneimittell., S. 443.).
Sehr gute Resultate sollen nach Cooper (Zit. bei Clarke, vgl. 9.) auch bei der Behandlung von Beriberi erzielt worden sein.
Schon in Dosen von 0,02-0,05 g kann Elaterium Darmreizung und wässerige Stühle (auch blutige Stühle wurden häufig beobachtet) erzeugen, in medizinalen Dosen anhaltende Nausea, Vomitus, Magenschmerzen, kolikartige Schmerzen, Kopfschmerzen und fieberhaften Puls. Auch bei Berührung mit anderen Schleimhäuten kann es entzündungserregend wirken, selbst die intakte Haut wird durch Elaterium bis zur Entzündung gereizt, wie sich dies bei Arbeitern, die mit der Droge zu tun hatten, oft zeigte (Lewin, Nebenwirkungen der Arzneimittel, S. 443.). Die stark reizende Wirkung geht von dem im Elaterium enthaltenen Elaterin (Vgl. 8.) aus, das in 0,01 g schon tödlich gewirkt hat, in anderen Fällen Gastroenteritis und schwere Erschöpfung hervorrief (Potter, Mat. med., 1898, S. 274.). Elaterin verschwindet mit der Reife aus dem Fruchtsaft. Im Juli betrug seine Menge 4-5%, im September fehlte es (Köhler, N. Repert Pharm. 1869, Bd. 18, S. 596.).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Elaterium ist ein kräftiges Abführmittel, das zur Ableitung auf den Darm bei Wassersucht und anderen Stauungserscheinungen gegeben wird. Das Mittel wirkt stark entwässernd, ist aber wegen seiner starken Giftigkeit nur mit großer Vorsicht anzuwenden. In geringen Dosen (ab D 4) ist es ein gutes Mittel auch bei wäßrigen Diarrhöen, Cholera infantum und Ikterus neonatorum mit galligen Stühlen.
Gelegentlich wird es ferner bei Febris intermittens, Rheuma, Ischias, Neuralgien, Erysipel und bei Amenorrhöe, äußerlich gegen Abszesse und Hämorrhoiden gebraucht.
Als Wechselmittel bei Diarrhöen und Cholera infantum kann Podophyllum verwendet werden.
Angewandter Pflanzenteil:
Schon Dioskurides gebrauchte den Fruchtsaft, das Elaterium. Ferner empfiehlt er den Saft der Wurzel als Emetikum.
Lonicerus nennt in erster Linie den Gebrauch der Wurzel, außerdem den des Blättersaftes als Mittel gegen Ohrenschmerzen.
Matthiolus verordnete Wurzel und Früchte.
Nach v. Haller wurde der Saft der Frucht, das Elaterium, nur noch selten gebraucht, außerdem nennt er noch die Wurzel.
Nach Geiger war die Frucht offizinell, die Wurzel wurde nicht mehr häufig gebraucht.
In der neueren Zeit hat fast ausschließlich der Fruchtsaft, das Elaterium, der aus den noch nicht ganz reifen Früchten gewonnen wird, Verwendung gefunden (Clarus, Potter, The Brit. Pharm. Codex, Zörnig, Leclerc, Thoms, Clarke u. a.).
Zur Bereitung des "Teep" werden die noch nicht ganz reifen Früchte benutzt. Die homöopathische Urtinktur nach dem HAB. hat den gleichen Ausgangsstoff (§ 1).
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.