Juglans regia. Walnuß. Juglandaceae.
Name: Júglans régia L. Edler Walnußbaum, Welsche Nuß. Edelnuß. Französisch: Noyer; englisch: Walnut; italienisch: Noce; dänisch: Valnödträ; polnisch: Orzech wloski; russisch: Woloszskij oriech; schwedisch: Valnöt; tschechisch: Ořešák královský, orech vlašský; ungarisch: Diófa.
Verbreitungsgebiet: Kultiviert in Süd-und Mitteleuropa und Kalifornien.
Namensursprung: Juglans ist zusammengezogen aus Jovis glans = Jupiters Eichel, der lateinischen Übersetzung des griechischen δι_ς β_λανος (Diós bálanos) und rührt daher, daß die Alten die Nüsse, welche frisch einer Eichel ähnlich sind, für eine Götterspeise hielten. Das Wort Nuß ist nicht dem gleichbedeutenden lateinischen nux entlehnt, sondern echt germanisch. Der Name Walnuß (entstanden aus Walchnuß; vgl. engl. Walnut) bedeutet "welsche Nuß". Er geht auf die spätlateinische Bezeichnung des Baumes "nux gallica" zurück, da die Deutschen die Bewohner Frankreichs (Galliens) und die Romanen überhaupt im Mittelalter als Walchen bezeichneten.
Botanisches: Der im Orient heimische 10-25 m hohe Baum mit breiter lockerer Krone liebt warmen, tiefgründigen Boden und mildes Klima. Die unpaarig gefiederten Laubblätter sind in ihrer Jugend rötlich. Die männlichen Blüten sind zu blattachsel-ständigen Kätzchen, die weiblichen hingegen zu armblütigen endständigen Ähren an den diesjährigen Zweigen vereinigt. Die Römer hielten den Baum für so schädlich, daß sie glaubten, daß in seiner Nähe die Erde unfruchtbar sei, und er keine anderen Pflanzen aufkommen lasse. Besonders große Freundschaft sollte zwischen ihm und der Eiche herrschen. Der Landwirt pflanzt den Nußbaum gern in der Nähe der Latrinen an, weil er Mücken und Fliegen vertreibt, im Gegensatz zum Pflaumenbaum, der diese anzieht. Blütezeit: Mai.
Geschichtliches und Allgemeines:
Als Heimat des Walnußbaumes wird meist Asien angegeben, und es wird angenommen, daß die Griechen veredelte Walnußsorten aus Vorderasien bezogen haben. Dioskurides nennt die Walnüsse königliche Nüsse und persische Nüsse. Plinius erklärt diese Namen damit, daß die Nüsse aus Persien durch die Könige herübergebracht worden seien. Nach Dioskurides sind die Nüsse schwer verdaulich und verursachen Kopfschmerzen, bilden aber zusammen mit Feigen und Raute ein Gegenmittel für Pfeilgifte. Auch sollen sie den Bandwurm vertreiben und gegen den Biß des tollen Hundes helfen. Die in Wein und Öl verriebene Schale bewirke als Pomade bei Kindern schönes Haar. - In Deutschland wurde der Walnußbaum in den ersten Jahrhunderten n. Chr. durch die Römer eingeführt, aber auch in Frankreich und England wurde er schon früh kultiviert. Im "Capitulare" Karls des Großen ist er angeführt, und die h l. Hildegard, Albertus Magnus und Megenberg kennen ihn. Letzterer sagt von den Nüssen, daß sie gut gegen die Vergiftung durch Kräuter und Schwämme sind. In den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts ist wenig von der heilkräftigen Wirkung des Baumes die Rede. Ein Hinweis auf die reinigende und antiskrofulöse Wirkung der Blätter fehlt fast ganz. In der mittelalterlichen Küche waren die gedörrten, grünen Nußschalen und Blätter ein Pfefferersatz. 1842 gebrauchte der Genfer Arzt Juzine die Blätter mit Erfolg gegen Skrofulose. Im Oberamt Saulgau dienen sie gegen Fieber. In Frankreich heißt es meist, daß die Nüsse oder Nußblätter, die zu Heilzwecken Verwendung finden, zu Johanni gesammelt werden müssen. Der Koran schreibt den Mohammedanern vor, eine eingehende Mund- und Zahnpflege zu treiben. So benützen die Eingeborenen von Algerien die Rinde der Wurzeln und der jungen Stämme zum Massieren des Zahnfleisches, um es dadurch zu festigen. Da durch diese Übung die Baumbestände gelichtet worden sind, ist die Regierung jetzt mit einem scharfen Verbot dagegen eingeschritten. Als Sympathiemittel und im Aberglauben aller Völker spielt der Baum eine große Rolle, worüber H. Marzell (Ethnobotanische Streifzüge) viel zu berichten weiß. Menschen, die sich zu lange in der Nähe des Walnußbaumes aufhalten, fühlen sich nicht wohl und bekommen leicht Kopfschmerzen. In manchen Gegenden werden Walnußblätter auch zum Vertreiben von Wanzen benutzt.
Wirkung
Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 92 C.) schildert die Nußblätter bzw. -schalen als blutflüssestopfend und entzündungsheilend,
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1565, S. 95 C.) als Vorbeugungsmittel gegen Pestilenz und als Gurgelwasser bei Halsgeschwüren.
Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 18, 53, 98, 192, 228, 320, 349, 374, 384, 455, 475, 501, 509, 523) und Hufeland (Hufeland Enchir. med. S. 346, 404.) führen die Walnuß in ihrem Arzneischatz mit an.
Rademacher (Rademacher, zit. i. Kroeber, Das neuzeitl. Kräuterbuch, S. 373.) verordnete einen Extrakt aus Blättern und Nußschalen mit Erfolg bei skrofulösen Affektionen: Hautulzerationen, Kopf- und Hautexanthemen, chronischen Weichteil-, Gelenk- und Knochenschwellungen und bei Karies.
Auch Negrier-Anders (Negrier, Arch. gén. de méd. 1841, April-Mai.) schätzte Folia Juglandis regia als "kräftiges Antiskrofulosum in allen Formen skrofulöser Übel"; er ließ Extrakt und Blattpulver in Pillenform nehmen, Tee von frischen Blättern trinken und das Infus zu Umschlägen bei skrofulösen Geschwüren oder zu Einspritzungen bei Fisteln gebrauchen.
Aschenbrenner (Aschenbrenner, Die neueren Arzneimittel und Arzneizubereitungsformen, S. 180, Erlangen 1851.) nennt den Extrakt der Nußschalen zu Pinselungen bei chronischer Mandelschwellung.
Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl.) führt Skrofulose ebenfalls unter den Hauptindikationen für die gerbsäurehaltigen Walnußblätter an, daneben Arthritis urica, chronische Magendarmkatarrhe, Darmschmarotzer, chronisches Ekzem; außerdem wirken sie blutreinigend und sollen sogar bei Impotenz helfen. Bemerkenswert ist nach Schulz die erfolgreiche Verordnung von Blätter- oder Nußschalentee durch die älteren Ärzte bei chronischem Merkurialismus und bei inveterierter Lues.
Bohn (Bohn, Heilwerte heim. Pflanzen, S. 75.) sieht die Blätter als "ein wichtiges Heilmittel in der lymphatischen Blutentmischung" an und empfiehlt sie bei skrofulösen Knochenauftreibungen, Knocheneiterungen und -anschwellungen, die Schalen bei Haut- und Drüsenulzerationen infolge Merkurialismus.
Friedrich (Friedrich, Sammlg. v. Volksarzneymitteln, 1845, S. 170.) nennt direkt Knochenfraß, Knochenauftreibung und Geschwülste neben Skrofeln aller Art als namentliche Indikationen.
Außer als Skrofulose- und Bluterneuerungsmittel werden von Wizenmann (Wizenmann, Heilung u. Heiligung, 1930, Bd. 4, S. 1473.) noch die gepulverten Fruchthüllen der eben reifenden Früchte bei Kropf empfohlen.
Nach E. Meyer (E. Meyer, Pflanzliche Therapie, S. 38, 67, 78, 87, 91, 109, 115, 123, 124, 135, 136; Leipzig 1935.) werden die getrockneten grünen Schalen als schweißhemmendes Mittel gegeben, ferner gegen Gicht, die Blätter bei Magenkatarrhen, Darmkatarrhen, Diabetes, chronischem Ekzem (hier auch äußerlich die Abkochungen recht gut wirkend), zu Spülungen bei Fluor albus und zum Abstillen von Wöchnerinnen.
Von der Firma Gedeon Richter, Budapest, wurde ein Injektionspräparat unter dem Namen "Karyon" aus Walnußblättern in den Handel gebracht. Nach Schein, Kuthy und Buzna soll es bei Tuberkulose (subkutan oder intramuskulär injiziert), bei Lupus vulgaris (intravenös injiziert) von guter Wirkung sein. Nach E. Meyer scheint es sich in der Folge klinisch nicht bewährt zu haben.
Nach Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 101, Paris 1927.) sind die Walnußblätter auf Grund ihres Tanningehaltes und der anderen aktiven Substanzen sehr nützlich bei der Behandlung der Tuberkulose. Sie üben nach ihm auf den Verdauungs- und Muskelapparat eine tonisierende Wirkung aus.
Hynek stellte im Jahre 1913 die günstige Wirkung des Walnußextraktes auf die Koagulation des Blutes fest. Das Optimum der Wirksamkeit stellt sich nach der Dosis von 100-200 g des Extraktes ein, also nach zweibis viertägiger Einnahme. Nach Přerovsky (Přerovský, Bratilavské lékárské listy (Preßburger Ärzteblätter), Jahrg. IV, Nr. 5.) läßt die Wirkung auch nach langer Zeit nicht nach. Der Extrakt wurde auch mit Erfolg bei Lungentuberkulose und Neigung zu Blutungen in der Tagesdosis von 50 g 1-3 Monate lang verordnet. Dieser Auszug wirkt angeblich schon nach einer Stunde ganz merklich, und die Wirkung hält 20-30 Stunden an. Der Extrakt ist auch in größeren Mengen genommen ganz unschädlich. So nahm der genannte Verfasser selbst 300 g davon auf einmal, ohne daß er irgendwelche Beschwerden verspürte. Sehr günstige Resultate wurden damit auch bei Operationen erzielt, und zwar indem man 3 Tage vorher eine Menge von 50 g täglich gab. Diese Präventivindikation ist sehr wichtig bei anämischen, schwächlichen, entkräfteten Leuten, besonders vor Nasen-, Rachen- und anderen stark blutenden Operationen.
In der Veterinärmedizin wird von den grünen Walnußschalen ein ausgedehnter Gebrauch gemacht. So werden sie bei Verdauungsschwäche, chronischen Blähungen, Faul- und Nervenfiebern, Durchfällen, Harnruhr und Würmern der Rinder und Schafe gegeben. Der durch Abkochen der Schalen gewonnene Saft wird, äußerlich angewandt, als vorzügliches Wundmittel bezeichnet, das bei Geschwüren aller Art, Mauken und Gelenkschrunden mit ausgezeichnetem Erfolge gebraucht wird. Bei Verrenkungen und Quetschungen usw. sollen auch Umschläge mit dem Dekokt der Schalen von Nutzen sein, und zwar meist in Verbindung mit Eichenrinde, Fichtenrinde, Tannenzapfen, Wacholder oder Alaun. Bei starken Entzündungen und Verhärtungen wird jedoch vor der Anwendung des Dekoktes gewarnt (Lorenz, Der Hausthierarzt, S. 602.).
Die Blätter enthalten u. a. Inosit, ätherisches Öl (0,012-0,029%), Gerbstoff, Ellag- und Gallussäure, Juglon; die grüne Fruchtschale α- und β-Hydrojuglon, Emulsin, Peroxydase, Zitronen- und Äpfelsäure (nach älteren Angaben), jedoch keinen Gerbstoff. Die Rinde enthält Juglon und etwa 5,3% Gerbstoff. In ihrer Asche ließen sich im Mai 18,4%, im August dagegen bis zu 70% CaO nachweisen (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 208.).
Die verwandte Juglans regia var. sinensis DC. und einige andere Juglansarten sind die Stammpflanzen der chinesischen Droge Hu-t'ao, die als Diuretikum und Roborans gilt (Tsutomu Ishidoya, Chinesische Drogen, Teil I, S. 90.).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Polen: Als Darmdesinfiziens bei Katarrhen; äußerlich bei Hautleiden.
Steiermark: Als Wurmmittel (Klistier).
Ungarn: Gegen Abszesse und als Wurmmittel.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Juglans regia ist ein gutes Blutreinigungsmittel und Roborans, das besonders gern bei lymphatisch-skrofulöser Diathese gegeben wird. Im einzelnen verordnet man das Mittel innerlich und äußerlich (in Form von Bädern, Umschlägen und Spülungen) bei Skrofulose, Drüsenschwellungen und -schwäche, Rachitis, Knochenerkrankungen, insbesondere Karies, Augenkatarrh, allgemeiner Schwäche, Zahnfleischerkrankungen und Zahnlockerung; auch bei "linksseitigem Seitenstechen" soll es gut wirken.
Ausgezeichnet wirkt es bei allen Dermatopathien wie Akne, Eiterausschlag mit großen Pusteln, herpetiformen Exanthemen, Bäckerkrätze (hier von Hauer sehr gelobt), Favus, Crusta lactea und Tinea capitis. Bei Psoriasis sieht man keine besonderen Erfolge. Bei Fußschweiß können Walnußfußbäder gute Dienste leisten. In seiner blutreinigenden Eigenschaft hat sich das Mittel auch bei chronischem Merkurialismus, Rheuma und Gicht bewährt, erwähnt wird es auch bei Arteriosklerose und Gedächtnisschwäche.
Weiter wird Juglans regia als gutes Stomachikum und leichtes Purgans zur Stärkung des Gastrointestinaltraktus, bei leichter Verschleimung, Appetitlosigkeit und Obstipation der Schwangeren, aber auch bei Durchfall gern gegeben. Als Spülmittel wird es bei Fluor albus und Menstruationsstörungen (zu früh eintretende Menses mit schwarzem, klumpigem Blut) genannt. Es wird dabei gleichzeitig innerlich gegeben. Gelegentlich finden die Blätter als pulvis oder "Teep" 0 noch als Anthelmintikum erfolgreich Verwendung oder werden in Form von Auflagen zur Hemmung der Milchsekretion benützt. Bei Pleuritis exsudativa wurden der Walnußtee und Bryonia D 3 gleichzeitig innerlich zur Anregung der Exsudataufsaugung verordnet, während äußerlich Aufschläge mit geriebenem Meerrettich (ca. 10-15 Minuten) oder mit Redskin bis zur starken Hautreizung gemacht wurden.
Juglans regia wird häufig im Teegemisch, u. a. mit Viola tricolor, Prunus spinosa, Sarsaparilla, Quercus und Calamus, verordnet. Juglans ist als Tagesgetränk für längere Zeit gut geeignet.
Angewandter Pflanzenteil:
Die älteren Bücher erwähnen neben der Verwendung von Blättern und grünen Fruchtschalen auch die der Samen und z. B. Osiander auch die der Samenhaut. Später ist immer nur die Rede von Blättern und Fruchtschalen.
Auch das HAB. läßt die frischen, grünen Fruchtschalen und Blätter zu gleichen Teilen verwenden (§ 3). Dieselben Teile der Pflanze werden auch zur Herstellung des "Teep" benutzt.
Sammelzeit der Blätter: August bis September, der Fruchtschalen: vor der Reife. Folia Juglandis sind offizinell in Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Griechenland, Spanien und Portugal.
Dosierung:
Übliche Dosis:7-15 g Walnußschalen im Dekokt (Friedrich);
Maximaldosis:Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Skrofulose und als Stomachikum:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 1,5 g, so daß auf 1 Teeglas ein gehäufter Teelöffel zu nehmen ist. Im Hinblick auf die Höhe des Extraktgehaltes und den stärkeren Geschmack des heiß bereiteten Tees wird der Tee zweckmäßig heiß angesetzt.).
Bei skrofulösen Geschwüren: Walnußsalbe (nach Dinand):
- Rp.:
Bei Skrofulose zu Bädern und Fomentation (nach Hager):
- Rp.:
Bei chronischen Ekzemen (nach Meyer):
- Rp.:
Species antiscrophulosae (nach Rost-Klemperer):
- Rp.:
Als Hauttonikum (nach Inverni):
Als Blutreinigungsmittel bei Hautausschlägen (nach Rose):
- Rp.:
Als stopfendes Mittel (nach Meyer):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.