Plantago lanceolata et Plantago major. Spitzwegerich und Breiter Wegerich. Plantaginaceae.
Name: Plantágo lanceoláta L. Spitzwegerich. Französisch: Herbe à cinq côtes, oreille de lièvre, bonne femme, plantain; italienisch: Lanciouola arnoglossa, mestolaccio; dänisch: Lancetbladed Vejbred; polnisch: Babka waska; russisch: Podorožmik; schwedisch: Spet-groblad; tschechisch: Jitrocel kopinatý ungarisch: Keskenylevelü utifü.
Weiteres Vorkommen: Nord-u. Mittelasien. Eingeschleppt in Nordafrika. Ceylon, Nordamerika, Brasilien, Chile, Feuerland, Australien. Neuseeland.
Namensursprung: Erklärung zu Plantago und Wegerich siehe Plantago major; lanceolata vom lateinischen lancea = Lanze, Spieß, Speer in bezug auf die Form der Blätter.
Volkstümliche Bezeichnungen: Die Pflanze wird von Plantago major z. T. als G'spizada Wögrad (Niederösterreich), Schbitzäfädrich (Baden), Spitzwegarach, -wedara (St. Gallen), Spitzwegeli (Graubünden, Aarau) unterschieden. Da beim Spitzwegerich die Blattnerven (Rippen) besonders stark hervortreten, heißt er auch Ribbeckeblätter (Schaumburg), Siebenrippe (Hessen), Hunderebbe (Sachsen), Ripplichrut, Roßrippe (Schweiz). Hunnetunge (Ostfriesland), Rübentunge (Westfalen), Schlangenzunge (westliche Rheinprovinz) beziehen sich auf die Gestalt der Blätter, Trummenstöcke (Westfalen) auf die des Blütenstandes. Die Kinder verfertigen sich aus den biegsamen Stengeln allerlei Spielzeug, wie Stühlchen usw., daher Katzestühlche (Nahegebiet), Katzestege(n) (Elsaß). Aus dem Riesengebirge werden die für den Spitzwegerich merkwürdigen Namen Gorthel, Gochheel, Jochhel angegeben.
Botanisches: Der Spitzwegerich ist eine ausdauernde Pflanze. Auf Wiesen, Triften und an Wegrändern ist er häufig zu finden. Er bevorzugt im Gegensatz zu Plantago major trockene und grasige Plätze und ist sogar noch auf heißen Kalkfelsen anzutreffen. Aus einem kurzen, dicken, reichfaserigen Rhizom entspringen die meist schief aufrecht stehenden Grundblätter. Sie sind lanzettlich, drei- bis fünfnervig, oben zugespitzt, nach unten stielartig verschmälert. In den Blattwinkeln stehen die 10-50 cm hohen, gefurchten, Ährentragenden Stengel. Die endständigen Blütenähren sind anfangs eiförmig, später mehr walzlich. Die Blüten stehen dicht, die eiförmigen, zugespitzten Deckblätter sind trockenhäutig. Der Kelch ist röhrig, vierteilig, die Krone klein, durchscheinend mit vierteiligem Saum. Vier lange Staubgefäße ragen weit aus der Blüte heraus. Der oberständige Fruchtknoten trägt einen fadenförmigen Griffel. Die Blüten sind duft- und nektarlos und auf Windbestäubung eingerichtet. Sie sind nachstäubend, d. h. erst nach dem Welken und Braunwerden der Narben entfalten sich die Staubgefäße. Die Frucht ist eine zweisamige Kapsel. Blütezeit: Mai bis September. Der Spitzwegerich ist fast über die ganze Erde verbreitet.
Name: Plantágo major L. Großer Wegerich, Breiter Wegerich. Französisch: Grand plantain, plantain á grandes feuiles; englisch: Greater plantain, way-bread; italienisch: Centonervi, cinquenervi, piantaggine, petacciola; dänisch: Stor Vejbred; litauisch: Gyslótis, Traukutis; norwegisch: Groblad, Vejbrad; polnisch: Babka wielka; russisch: Babka; schwedisch: Groblad, läkeblada; tschechisch: Jitrocel větši; ungarisch: Zzésleslevelü utifü.
Namensursprung: Der Gattungsname Plantago ist aus dem lateinischen planta = Fußsohle, auf Grund der Ähnlichkeit der Laubblätter von Plantago major und einiger anderer Arten mit Fußsohlen, entstanden. Die deutsche Bezeichnung Wegerich (althochdeutsch wegarîh) ist sehr alt. In der Endsilbe "rich" steckt das althochdeutsche rih = König, das urverwandt mit dem lateinischen rex ist, so daß sich für Wegerich die Deutung Wegbeherrscher in ähnlicher Weise wie in verschiedenen germanischen Personennamen, z. B. Dietrich = Volksbeherrscher, ergibt.
Volkstümliche Bezeichnungen: Im Volksmunde wird das Wort oft entstellt bzw. volksetymologisch angelehnt, z. B. Wachlich, Wachblat (Nordostböhmen), Wagerich, Wacherich (Riesengebirge), Wegram (Altbayern), Witrich (Oberösterreich), Federich (Schwaben), Wëgeri, Wëderi (Elsaß), Wegerich, Wegerste (Thurgau). Zum Unterschied von Spitzwegerich wird P. major auch genannt: Wegbriädenblader (Westfalen), Wêbreit = Wegebreite (Gotha), Brâta Wêgerat (Erzgebirge), Breitwegerer (Böhmerwald), Brada Wegrad (Niederösterreich), Broatwegerl (Tirol), Breita Wägali, Breita Wedara (St. Gallen). Auf Form und Beschaffenheit der Blätter beziehen sich Sauohr(en) (Nahegebiet, Elsaß, Schwäbische Alb), Hasenohra, Schaf-, Lämmerzunga (Schwäbische Alb), Aderkrut, Fiefadernblatt, -krut, nach den Blattadern (plattdeutsch). Der Name Lägenblatt (Mecklenburg) ist jedenfalls zu dem gleichbedeutenden schwedischen läkeblad = Heilblatt zu stellen, da die Blätter seit alters her im Volke bei Wunden aufgelegt werden. Weil die großen Blätter auf der Wiese die benachbarten Pflanzen unterdrücken (verdämmendes Unkraut), heißen die beiden Wegericharten auch Gräsfrässer (Thurgau), Heufresser (St. Gallen), Heuschelm (Graubünden, St. Gallen), Heudieb (St. Gallen, Niederösterreich).
Botanisches: Diese ausdauernde Pflanze mit langfasrigem Wurzelstock ist in Eurasien beheimatet. Ihre eiförmig-elliptischen, drei- bis fünfnervigen Blätter sind zu einer grundständigen Blattrosette angeordnet. Die gelblichweißen bis braunen linealwalzigen Ähren werden von stielrunden, bis 40 cm hohen Schäften getragen. Die dichtsitzenden Blüten haben eirunde, etwas zugespitzte Kelchblätter, die am Rande häutig sind. Die schmutzig-weiße Krone hat eiförmige, spitze, flach ausgebreitete Zipfel und Staubgefäße von doppelter Länge. Die Frucht ist eine eiförmige Kapsel mit sechs bis acht bis zwölf lichtbraunen Samen. Das Aufquellen der Samenaußenschicht bei Befeuchtung zu einer klebrigen gallertartigen Masse sowie ihre geringe Größe haben so zu ihrer Verbreitung beigetragen, daß die Art heute in allen Erdteilen auf feuchten Plätzen anzutreffen ist. Die Indianer bezeichnen sie deshalb ganz charakteristisch als "Fußtapfen der Blaßgesichter". Blütezeit: Juni bis Oktober. - Die reifen Früchte stellen ein beliebtes Vogelfutter dar. ** missing image **Geschichtliches und Allgemeines:
Verschiedene Wegericharten standen schon in der Heilkunde des klassischen Altertums in hohem Ansehen und wurden von den griechischen und römischen Ärzten gegen eine ganze Reihe von Krankheiten verordnet. So schreibt Dioskurides, der zwei Angehörige der Gattung Plantago kennt (nach Fraas P. asiatica L. und P. lagopus L.), den Blättern adstringierende und austrocknende Kraft zu und empfiehlt sie als Umschlag gegen Elephantiasis, Geschwüre aller Art, Blutflüsse, Brandwunden, Hundebisse usw. Das gekochte Kraut wurde gegen Dysenterie und Magenleiden, Bleichsucht, Epilepsie und Asthma, der eingeträufelte Saft der Blätter gegen Ohren- und Augenleiden, der Saft gegen Aufzehrung, die Blätter und Wurzeln bei Blasen- und Milzgeschwüren, die Wurzeln gegen Wechselfieber verwandt. Auch war dem alten griechischen Arzte schon der Gebrauch der Wurzeln als Sympathiemittel gegen den Kropf bekannt, ein Gebrauch, der sich noch bis auf die heutige Zeit erhalten hat. "... einige gebrauchen die Wurzeln als Halsband gegen die Drüsen, sie zerteilen diese." Nach Plinius ist der Saft des Wegerichs ein unfehlbares Mittel gegen den Biß wilder Tiere, besonders gegen den Skorpionstich.
Auch in der Literatur des Mittelalters nimmt der Wegerich einen großen Raum ein. Obgleich die Verfasser der alten Kräuterbücher sich wie gewöhnlich ziemlich genau an die Angaben des Dioskurides und Galenus halten, liegt doch die Vermutung nahe, daß der medizinische Gebrauch auch den alten Germanen schon bekannt gewesen ist, wofür auch der alte nordische Name Läkeblad = Heilblatt spricht. Allgemein wurden seine blutstillenden, blutreinigenden, schleimlösenden, fiebervertreibenden und wundenheilenden Wirkungen gerühmt. Die hl. Hildegard und H. Brunschwygk nennen ihn als Mittel, um sich durch kräftiges Purgieren von angezauberter Liebe frei zu machen, während ein französisches Rezept des 17. Jahrhunderts ihn im Gegenteil als Aphrodisiakum rühmt. Albertus Magnus lobt den Wegerich als das beste Mittel gegen alle Geschwüre, weiß im übrigen aber nur das zu berichten, was schon Dioskurides angegeben hat. Die sehr häufige Verwendung gegen Fußleiden basierte wohl auf dem Aberglauben, daß die Pflanze, die infolge ihres Standortes sehr häufig mit dem menschlichen Fuß in Berührung kommt, auch dessen Leiden zu heilen imstande ist. Ein Kräuterbuch des 12./13. Jahrhunderts gibt folgendes Rezept an: "Swaz siechtuomes du an den füezen hast, so nimm wegerich und mule den mit einem chleinen salze und lege den daruber, so wirt dir baz." Daß der Wegerich auch in der angelsächsischen Heilkunde viel gebraucht worden ist, geht daraus hervor, daß er zu den neun Kräutern eines angelsächsischen Kräutersegens gehört und dem Gift, der Ansteckung und "dem Übel, das über das Land dahinfährt", widerstehen soll. Auch Shakespeare zitiert in seinen Werken mehrfach "plantain" als Mittel gegen Hautverletzungen. In der heutigen Volksmedizin werden die Wegericharten noch viel benutzt. So gebrauchen die Wenden den Spitzwegerichsaft, der ein uraltes Volksmittel gegen Auszehrung ist, noch heute in der gleichen Weise. Auch sind verschiedene Spitzwegerichbonbons gegen Husten im Handel erschienen, von denen manche allerdings keinen Spitzwegerichsaft enthalten dürften. In Tirol werden die Samenkolben von dem Großen Wegerich in Milch gekocht als Heilmittel gegen die Ruhr gebraucht. Seine Blätter in die Schuhe gelegt, sollen bei ermüdeten Füßen und Schlaflosigkeit helfen. Die Behauptung, daß der Große Wegerich ein Heilmittel für die Frauen, der Spitzwegerich dagegen für die Männer sei, findet sich nicht nur in der Franche-Comté in Frankreich, sondern auch in Bosnien, wo der Absud der Blüten gegen Würmer dementsprechend verwendet wird. Auch in der chinesischen Volksmedizin wird Plantago major als kühlendes und diuretisches Mittel benützt. Über die ausgedehnte Verwendung als Sympathie- und Zaubermittel berichtet H. Marzell ausführlich in "Unsere Heilpflanzen".
Wirkung
Plantago wird bereits von Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 728, 915, 917, 1010, Bd. 2, S. 309, 319, 571, 604, Bd. 3, S. 197 208, 212, 424, 463, 488, 513, 540, 552, 588.) als Nierenmittel und Styptikum erwähnt.
Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 84.) rühmt die drei Wegerich-Arten als eine der "brauchlichsten artzneien", die "alle verserung des leibs" heilt, Bauchflüsse stopft. Blutungen aller Art, auch übermäßige Menses, stillt, Fieber lindert und vor allem bei Phthisis nützlich ist. Die äußerliche Anwendung empfiehlt er bei Kopf-, Augen-, Ohren- und Zahnschmerzen, als "Wundkraut" bei Flechten, Fisteln, Karbunkeln, Wolf, sogar Krebs.
Auch Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 145 D.) lobt den Wegerichsaft bei Schwindsucht, außerdem bei Asthma, Epilepsie, Blasen- und Nierengeschwüren, wie auch zur lokalen Anwendung bei allen "bösen, flüssigen, unreinen, umb sich fressendon, alten, hohlen Geschwären und Schäden", Brandwunden, Feigwarzen, beginnendem Podagra, und zur Zerteilung der Kröpfe.
Bei Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 25, 187, 464.) wird der Breite Wegerich seiner schmerzstillenden Eigenschaften wegen angeführt.
Friedrich (Friedrich, Sammlg. von Volksarzneimitteln, S. 176, 1845.) schreibt ihm eine besonders kräftige Wirkung auf die Schleimhäute der Lungen, Harnwege, des Magens und der Gedärme zu. Sehr gerühmt wird er auch von dem Kräuterpfarrer Künzle (Künzle, Salvia 1924, S. 26.), der von der erfolgreichen Anwendung bei losen Zähnen, Wunden, Blutspeien, schwachen Augen, Ohrenschmerzen und Bleichsucht zu berichten weiß. Nach Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 186.) und Bohn (Bohn, Die Heilwerte heim. Pfl., S. 69.) gelten die Wegerich-Wurzeln und -Blätter als eines der besten Mittel bei chronischen Schleimhautkatarrhen, insbesondere der Lunge (Phthisis, Asthma) und auch des Auges.
Bei einer Keuchhustenepidemie erzielte Pater (Pater, Pharm. Monatsh. 1925, S. 217.) überraschende Erfolge mit Spitzwegerichtee.
Die Samen werden, wie Schulz ausführt, bei Lithiasis gegeben.
In der russischen Volksmedizin spielen Plantago major et Plantago media nach Demitsch (W. Demitsch, in Histor. Studien des pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, 1889, Bd. I, S. 226.) als Wundmittel eine wichtige Rolle, doch werden sie auch bei inneren Blutungen, Durchfällen und Harnverhaltung angewandt. Der folgende Abschnitt ist wörtlich aus der Arbeit von Demitsch zitiert:
"Lepechin sagt, daß die Blätter des Großen Wegebreits bei allerlei Wunden gebraucht werden. Die Wurzel wird den Wöchnerinnen bei Blutungen eingegeben (J. Lepechin, Tagebuch-Aufzeichnungen. 1768-1769. St. Petersburg 1771, Teil I, S. 72 ff.). - Bei frischen Wunden werden überall seit alten Zeiten Plantagoblätter aufgelegt (W. M. Richter, Geschichte der Medicin in Rußland. Moskau 1813-1817, I, S. 112). - In Kleinrußland legt man dieselben auf verschiedene Geschwüre (M. Bulgakow, Medicin.-topographische Beschreibung der Kreise Tschernigow, Gorodnja und Sossnitza. Militär.-medic. Journ. 1827, T. IX, Nr. 2, S. 275 ff.). - Auch die Esten bedecken oft mit den Plantagoblättern alle Geschwüre, um sie zu heilen (J. W. L. v. Luce, Heilmittel der Esten auf der Insel Ösel. Pernau 1829, S. 14). - Bei Harnverhaltung der Kinder wird eine Abkochung der reifen Samen gegeben. Netschajew (Gesundheitsfreund 1835, Nr. 15) will dabei nicht nur diuretische, sondern auch anthelmintische Wirkungen gesehen haben. - Dahl (über Volksheilmittel. Journ. des Minist. d. Innern. 1843, Teil III) führt die Pflanze ebenfalls als Wundheilmittel an. - Nach Krebel (Volksmedicin und Volksmittel verschiedener Volksstämme Rußlands. Skizzen. Heidelberg und Leipzig 1858) wird eine Abkochung derselben im Gouvernement Smolensk als Diuretikum getrunken. Die Kalmücken legen auf die Wunden den Mittleren Wegerich, Plantago media. - Im Gouvernement Twer werden die frischen Plantagoblätter auf Wunden, Geschwüre und dergleichen gelegt, als ein kühlendes und schmerzlinderndes Mittel (K. Puparew, Volkstümliche Pflanzennamen im Gouvernement Twer, gesammelt im Jahre 1868, mit Hinweisung auf die Krankheiten, gegen die sie vom Volke gebraucht werden. Twersche Gouvernements-Zeitung 1869). - Im Gouvernement Perm gelten die Blätter der beiden Plantagoarten als ein gutes Mittel zu Umschlägen bei Schwellungen jeder Art. Die frischen Blätter werden auf Schnittwunden und Furunkel gelegt (P. Krylow, Als Volksmittel gebräuchliche Pflanzen im Gouvernement Perm. Arbeiten der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität Kasan. Bd. V, Heft II, Kasan 1876, S. 56). - Nach Annenkow wird die Wurzel von Plantago major bei Hämoptoe und Fieber, die Samen bei blutiger Diarrhöe innerlich angewandt (N. Annenkow, Botanisches Lexikon. St. Petersburg 1878, S. 259). - Eine Abkochung von Pl. major soll nach Sljunin ein gutes Volksmittel bei Keuchhusten sein (Sljunin, Materialien zum Studium der russischen Volksmedicin. Lief. I, St. Petersburg 1882, S. 43). - Im Gouvernement Mohilew wird ein Infus von den trockenen Blättern bei verdorbenem Magen getrunken; die frisch zerquetschten Blätter sind wie überall ein Wundmittel (W. M. Florinski, Russische Volkskräuter und Heilbücher. Samml. der medic. Handschriften des XVI. und XVII. Jahrhunderts. Kasan 1880). - Bei Krankheiten des Verdauungstraktus gebraucht man innerlich die beiden Plantagoarten (vgl. Sljunin). - Im Kaukasus werden alle Plantagospezies frisch oder in Pulverform auf Wunden gelegt (P. Popow, Behandlung der Wunden bei kaukasischen Bergvölkern. Milit.-medic. Journ. 1855, T. LXV, Nr. 2). - Auch in Sibirien ist Plantago major ein Wundmittel (Als Volksheilmittel angewendete Pflanzen des Minussinskischen Gebietes nach dem Herbarium von N. M. Martjanow, Ber. der ärztlichen Ges. des Gouvernements Jenisseisk pro 1886 bis 1887. Krasnojarsk 1887, S. 88). - In der Ukraine will man mit den frischen Plantagoblättern Schnittwunden und Geschwüre schneller zur Heilung bringen (K. S. Gornitzki, Bemerkungen über einige wildwachsende und angebaute Pflanzen der Ukraine-Flora, die als Volksmittel im Gebrauche sind. Charkow 1887, S. 125). - Im Gouvernement Witebsk werden die Samen von Plantago major bei Durchfällen, die Blüten bei Wunden benutzt."
Über die Verwendung der Species Plantago major vulgaris, latifolia, variatio asiatica in der mongolischen Medizin findet sich bei Hübotter (Hübotter, Beiträge zur Kenntnis der chinesischen sowie tibetisch-mongolischen Pharmakologie, S. 122, Berlin 1913.) der folgende Abschnitt:
"Diuretisch, kühlt befeuchtend die Hitze, kühlt das Blut. Süß, kalt, kühlt das Blut, beseitigt Hitze, stillt Husten und Nasenblutungen, entfernt Stauungen, macht die Augen leuchtend, wirkt harntreibend. Die jungen Triebe sind süß und kalt, reinigen Lunge und Leber von hitzigem Winde, waschen die Blase, befördern den Harnabfluß, ohne dem Pneuma zu schaden. Haben gleiche Wirkung wie (chines. Schriftzeichen), stärken das weibliche Prinzip, mehren das Sperma und lassen die Männer Kinder zeugen. Die Pflanze heilt infolge Durchnässung entstandene Erkältung, die fünf Arten Urinbeschwerden, Insolatio, wirkt abführend, hilft gegen Rötung des Auges mit Cornealaffection (chines. Schriftzeichen), befördert die Geburt, treibt den Fötus nach unten. Nachdem die Pflanze in eine Schüssel mit kochendem Wein getan ist, wird sie mit einem Mangelholz zerrieben."
Pinkhof (Pinkhof, Nederl. Tijdschr. voor Geneeskunde 1915, II., S. 1677.) verordnete sie wegen ihrer großen Quellbereitschaft bei chronischer Obstipation.
Plantagoarten, darunter auch Plantago major var. asiatica, sind die Stammpflanzen der chinesischen Droge Ch'e-ch'ien-yeh, die schon lange als Diuretikum und Adstringens, insbesondere bei Leukorrhöe und Hämaturie gebraucht wird (Tsutomu Ishidoya, Chinesische Drogen, Teil I, S. 40.).
In der Homöopathie wird Plantago major hauptsächlich gegen Zahnschmerzen bei Zahnkaries und gegen Enuresis durch Sphinkterschwäche gebraucht (Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 252.).
Die Blätter von Plantago major enthalten u. a. viel Kaliumsalze, Zitronensäure, das Glykosid Aucubin und die Enzyme Invertin und Emulsin. In den Blättern von Plantago lanceolata finden sich ebenfalls das Glykosid Aucubin sowie Invertin, Emulsin und Labenzym. Die Asche enthielt u. a. 42% K2O (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 1145.).
Untersuchungen in meinem Laboratorium ergaben, daß frischer Plantagosaft die Blutgerinnung verhindert (Madaus, Jahrbuch 1933, S. 33.). Normales Blut gerinnt in etwa 5 Minuten. Setzte man Plantagosaft zu gleichen Teilen zu, so war das Blut nach 24 Stunden noch nicht geronnen.
Kroeber (Kroeber, Das neuzeitl. Kräuterbuch, I., S. 328.) konnte bei Plantago lanceolata hämolytische Eigenschaften feststellen, die einen Saponingehalt wahrscheinlich machen. Die Wirkung auf die Schleimhäute wird zum Teil dem Kieselsäuregehalt zuzuschreiben sein.
Der Samen von Plantago psyllium wird in Dosen von 10-30 g als quellbarer Stoff zur Erhöhung der Peristaltik bei chronischer Darmträgheit gegeben (Kohnstamm u. Oppenheimer, Ther. d. Gegenw., August 1915.).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Der große Wegerich als Blutstillungsmittel und Antidiarrhoikum, bei Lungenleiden; äußerlich gegen Kopfschmerzen, Flechten, Schlangenbisse, Ohrwunden, als Augen- und Mundwasser.
Litauen: Das Infus des Krautes von Plantago major als Antidiarrhoikum.
Norwegen: Als Wundheilmittel, aber auch als Zugpflaster ("die vordere Seite des Blattes heilt, die hintere zieht"), zu Einreibungen bei ermüdeten Füßen, als Mundwasser bei Stomatitis, gegen Ohrenschmerzen.
Polen: Die frischen Blätter von Plantago major auf Wunden, Geschwüre und Panaritien; Plantago lanceolata als lösendes Mittel bei Husten.
Ungarn: Gegen Darmruhr, Ohrenleiden und Kopfschmerzen (Plantago major).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Die Indikationen für Plantago major und Plantago lanceolata stimmen fast überein, doch wird der Spitzwegerich zur Stärkung der Schleimhäute und Haut vorgezogen. Er gilt im allgemeinen als wirksamer.
Man gibt ihn mit sehr gutem Erfolge bei Erkrankungen der Respirationsorgane mit starker Verschleimung, wie chronischem Lungenkatarrh (hier konnte Splett bei einem schon aufgegebenen Patienten Heilung erzielen), Lungentuberkulose, Husten, Pertussis und Asthma.
Als Hauptindikation für Plantago major sind Zahnschmerzen infolge von Zahnkaries und auf neuralgischer Basis zu nennen. Auch neuralgische Ohrenschmerzen, häufig in Verbindung mit Zahnschmerzen und mit nächtlicher Verschlimmerung, werden günstig davon beeinflußt. Beginnende Otitis media behandelte William, Danzig, mit Plantago Ø (auch lokal) im Wechsel mit Belladonna. Bei verschiedenen Formen von Neuralgie hält Rosenkranz die Wirkung für fraglich, sah aber einmal bei Occipitalneuralgie einen guten Erfolg. Für die weiteren Indikationen kommen die beiden Wegericharten in gleicher Weise in Frage.
Sehr gut reagieren Blasenleiden, insbesondere Enuresis durch Blasenschwäche (so konnte z. B. Janke vier Knaben mit Plantago heilen), Cystitis, Blasendrang, Blasenhalsreizung und Blasenhämorrhoiden darauf. Auch bei Störungen des Gastrointestinaltraktus wie langwierigen Diarrhöen, Dysenterie, Gastro-Enteritis, Cholera infantum (hier lobt Klumpen besonders das Dekokt der Samen), Blähungen, Magen- und Darmulzera ist die Anwendung beliebt.
Schließlich werden sie noch als Hämostyptikum (Menstruatio nimia, Epistaxis), Fiebermittel und Roborans bei nervösen Kopfschmerzen und Unterleibsbeschwerden, ferner bei Leberleiden, Ikterus, Prolapsus ani und zur Blutreinigung (Lebertranersatz im Sommer) genannt. Außerdem leisten sie gute Dienste bei Raucherbeschwerden und zum Entwöhnen des Rauchens.
Lokal werden die Wegerichblätter gegen Wunden, Ulzerationen, variköse und Hornhautgeschwüre, Ulcus cruris, Kombustionen, chronische Augenentzündung, starke Impfentzündungen und Lippenkrebs (hier nach Janz Plantago lanceolata) gebraucht.
Bei Lungen- und Bronchialleiden wird Plantago lanceolata sehr häufig als Tee zusammen mit Farfara, Equisetum, Lichen island., Millefolium und Urtica gegeben.
Angewandter Pflanzenteil:
Das Kraut und dessen Saft sowie die Wurzel und auch den Samen bezeichneten Bock und Matthiolus als verwendet.
Nach Geiger ist das Kraut offizinell, früher war es auch die Wurzel.
Osiander erwähnt den Gebrauch von Wurzel, Samen und frischen Blättern.
Bohn läßt die ganze blühende Pflanze mit der Wurzel verwenden. Auch Schulz weiß von der Verwendung von Blättern, Wurzel und Samen zu berichten.
Friedrich, Zörnig, Buchheister und Ottersbach, Kroeber dagegen erwähnen nur die Blätter.
Das HAB. nennt von beiden Wegericharten die frische Pflanze ohne Wurzel zur Bereitung der Essenz (§ 1). Das "Teep" wird aus der ganzen frischen Pflanze mit Wurzel hergestellt. Es gibt ein "Teep" von Plantago major und ein "Teep" von Plantago lanceolata.
Herba Plantaginis majoris ist offizinell in Portugal, Spanien, Argentinien, Venezuela und Mexiko (zum Teil nur Folia Plantaginis).
Herba Plantaginis lanceolatae ist offizinell in Mexiko.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
Maximaldosis:
Rezepte:
Bei Zahn- und Ohrenschmerzen und Enuresis:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 1,53 g. Auf Grund dieser Ergebnisse kann der Tee sowohl kalt als auch heiß bereitet werden. Man verwendet höchstens 1 Teelöffel voll auf 1 Teeglas.).
Bei Magenverschleimung und Diarrhöen (nach Friedrich):
- Rp.:
Gegen Bettnässen der Kinder (nach Dinand):
- Rp.:
Bei Lungentuberkulose als Adjuvans (nach Moll):
- Rp.:
Bei Bronchial- und Lungenleiden (nach Bernotat):
- Rp.:
Bei Diarrhöe und Dysenterie (nach Kalkowski):
- Rp.:
Bei Wunden, Geschwüren usw., äußerlich:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.