Rhamnus cathartica. Echter Kreuzdorn. Rhamnaceae.
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Name: Rhámnus cathártica L. Echter Kreuzdorn. Purgier-Kreuzdorn. Französisch: Nerprun purgatif, noirprun, cathartique, épine de cerf, bourge épine, épine noire; englisch: Common buckthorn; italienisch: Romno catartico, spina cervino, spino gervino, spino merlo, spina santa, spino di Christo; dänisch: Tvebo Vrietorn, Korsved, Korsbärtorn, Tvebo Troldheg; litauisch: šunobele; norwegisch: Tvebo trollhegg, Gjeitved; polnisch: Szaktak; russisch: Zestier; schwedisch: Vägtorn; tschechisch: řešetlák; ungarisch: Benge.
Weiteres Vorkommen: Westasien, Westsibirien, Altai, Ferghana.
Namensursprung: Rhamnus, griechisch __μνος (rhamnos), ist bei Theophrast und Dioskurides die Bezeichnung für verschiedene Rhamnusarten; cathartica wird abgeleitet vom griechischen χαθα_ρειν (kathairein) = reinigen, weil die Beeren als Purgiermittel dienten. Der Name Kreuzdorn weist auf die Stellung der Dornen, die mit den Ästen ein Kreuz bilden, hin.
Volkstümliche Bezeichnungen: Wegen der ungenießbaren Beeren heißt der Strauch (bzw. seine Beeren) Hundsbeer (Niederösterreich), Hundsbeerstaude, schwarze Hundsbeer (Tirol), Pockpearleinschtaude, Huntischdoarnach (Krain: Gottschee). Scheißkerschen, -beeren (Nordböhmen) gehen auf die abführende Wirkung der Beeren. Der Kreuzdorn gilt (wie auch andere Dornsträucher) als hexenverscheuchend, daher: Hexendorn (Schleswig). Aus Mecklenburg werden die Benennungen Haaf-, Hagdurn angegeben.
Botanisches: Der bis 3 m hohe Strauch oder bis 8 m hohe Baum mit sparrig abstehenden, in einen Dorn auslaufenden Ästen ist in Eurasien und Nordasien beheimatet. Die gegenständigen Laubblätter sind elliptisch. Aus den unscheinbaren, grünlich gelben, zu blattachselständigen Trugdolden vereinigten Blüten gehen erbsengroße schwarze Beeren hervor. Der in Wuchsform und Ausgestaltung der Blätter außerordentlich vielgestaltige Kreuzdorn, dessen Formen zum größten Teile als Standortsbildungen aufzufassen sind, bevorzugt sonnige, steinige Orte mit kalkhaltiger Unterlage. Er wird auch als Dolomit- und Magnesiapflanze bezeichnet. Blütezeit: Mai bis Juni.
Geschichtliches und Allgemeines:
Der Rhamnos der Alten ist nicht unser Kreuzdorn gewesen, sondern eher der in Griechenland häufige Rhamnus oleoides oder der Stachelige Wegdorn (Paliurius australis). Den Angelsachsen war der Kreuzdorn schon bekannt, er wurde als Hartsthorn oder Waythorn in ihren Arzneibüchern schon vor der normannischen Eroberung genannt. In dem berühmten Rezeptbuch "Meddygon Myddvai" (13. Jahrh.) aus Südwales wird der Saft der Frucht mit Honig gekocht als Abführmittel verschrieben. Petrus des Crescentiis (1305) nannte die Pflanze Spina cervina. Die erste bessere Beschreibung und Abbildung des Rhamnus cathartica gibt H. Bock. Brunfels und Fuchs führen ihn nicht an, dagegen erwähnt ihn Valerius Cordus, der von der Bereitung des Saftgrüns mit Alaun als "Cervi spina" spricht. Von Solénander bei Wassersucht und Gicht, von Sydenham gegen Bauchwassersucht, von Alibert als stark wirkendes Abführmittel gebraucht, ist der Kreuzdorn noch heute ein populäres Mittel. Die Vogesenbauern nehmen gern morgens 30 Beeren als Abführmittel nüchtern in ihre Suppe. Die Fructus Rhamni catharticae oder Baccae Spinae cervinae (so wurden die Beeren früher in den Apotheken bezeichnet) werden heute hauptsächlich in Ungarn gesammelt und in Sachsen und am Rhein zur Herstellung des Sirupus Rhamni catharticae sive S. Spinae cervinae verwandt oder zu einem Mus verarbeitet, der allein oder mit Wacholdermus gemischt gegen Wassersucht, Gicht und chronische Hautkrankheiten genommen wird. Der Extrakt aus den frischen Früchten wird auch als Roob Spinae cervinae bezeichnet (Roob = eingedickter Fruchtsaft). Ziegen, Schafe und Pferde fressen die Blätter, während sie von Kühen verschmäht werden. - Im Volksaberglauben gilt der Kreuzdorn als ein dämonenabwehrendes und hexenvertreibendes Mittel. In der lettischen Volksmedizin wird ein Tee aus Rhamnus cathartica gegen Husten gebraucht. Falls die Droge von dem Pilz Puccinia coronata befallen wird, wirkt sie toxisch. In einigen Gegenden steckt man in der ersten Mainacht Kreuzdornzweige vor die Ställe, damit das Vieh nicht verhext wird.
Wirkung
Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 106.) und Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 361.) wissen von dem "Wegedorn" nur zu berichten, daß seine Blätter alte Schäden und Geschwüre und die Mundfäule heilen sollen.
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 45.) jedoch kennt schon das Rezept des Beerensirups, der purgierend wirkt, aber auch Grimmen verursachen kann; der Beerensaft soll gegen das Zipperlein hilfreich sein.
Auf die laxierende Wirkung weisen auch v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1177.) und Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 97.) hin, ersterer läßt die Beeren außerdem bei Gicht und Kachexie anwenden.
In England wird der Kreuzdorn in der Humanmedizin wegen der oft auftretenden unangenehmen Nebenwirkungen wie Kolik, Nausea und Durst nur wenig verwendet (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, 1880, Bd. 1, S. 64.), während er in der Tierheilkunde viel gebraucht wird (Barton and Castle, The British Flora medica, 1877, S. 70.).
Homberg (Vgl. 7.) erwähnt, daß das Fleisch der Vögel, die sich von Kreuzdornbeeren nähren, auch purgierend wirken soll.
Nach Leclerc (Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 4.) sind die Beeren in der französischen Volksmedizin ein populäres Abführmittel.
Sie sollen auch diuretische Eigenschaften besitzen (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipflanzen, S. 208.).
In der Homöopathie werden sie gegen Diarrhöe, Appendizitis, Kolik und Typhlitis gegeben (Clarke, A Dictionary of Mat. Med., Bd. III, S. 871.).
Das purgierend wirkende Prinzip ist das Rhamnocathartin, das bei Verabreichung zu großer Dosen des Beerensaftes heftige Gastroenteritis und Brechdurchfall hervorrief und auch lokal reizend wirkt (Kobert, Lehrb. d. Intox., S. 356.).
Neuere Untersuchungen fanden in den Kreuzbeeren u. a. noch Rhamnoxanthin, Emodin, Quercetin, Rhamnetin, Shesterin, Emodinanthranol, Xanthorhamnin (ein Glykosid), Rhamnonigrin, Bernsteinsäure frei und als saures Ca-Salz, harzige Substanzen und fettes Öl (Waljasko u. Krassowski, J. Russ. Phys.-Chem. Ges. 1908, 40, 1502 (C. C. 1909, I, 772); Krassowski, ebenda, 1908, 40, 1510 (C. C. 1909, I. 772).).
In Tierversuchen fand ich den Kaltextrakt wirksamer als den warmen oder heißen Auszug.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Als Abführmittel.
Litauen: 3-10 Beeren als Abführmittel.
Polen: Die Früchte als Abführmittel, die Rinde gegen Asthma.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Rhamnus cathartica wird als Purgans verordnet. Die Pflanze gehört, wie viele unserer bekannten Abführmittel, z. B. Frangula, Senna, Rheum, Aloë usw., zu den Anthrachinondrogen.
Als Diuretikum werden die Kreuzbeeren hauptsächlich gegen Hydrops und Urämie (hier war Falkenhahn allerdings nicht mit dem Resultat zufrieden) angewandt. Ferner gibt man sie als Ableitungsmittel und zur Blutreinigung bei Leberleiden, Rheuma, Gicht, Adipositas, bei Exanthemen aller Art, Herpes zoster, Anämie und Chlorose.
Angewandter Pflanzenteil:
Matthiolus schreibt: "Nimb diese Beer / so sie wolzeitg sind (welches geschieht im Anfang deß Weinmonats)."
Auch v. Haller kennt nur den Gebrauch der weichen, saftigen Beeren. Hecker erwähnt ebenfalls nur die schwarzen Beeren, dagegen kennt Geiger dazu auch den Gebrauch der Rinde.
Osiander, Clarus, Buchheim, Dragendorff, Buchheister und Ottersbach, Clarke, Marfori-Bachem, Schulz und Bohn führen die reifen Beeren an, und Hager nennt die frischen und getrockneten, reifen Beeren. Auch Dinand spricht von den frischen Beeren. Die homöopathische Urtinktur nach dem HAB. wird ebenfalls aus diesen bereitet (§ 1).
Thoms erwähnt neben den reifen Beeren auch die Rinde.
Das "Teep" wird aus den frischen Beeren hergestellt.
Fructus Rhamni catharticae sind offizinell in Frankreich, Belgien, Schweiz, Rumänien, Portugal und Australien.
Sammelzeit: September bis Oktober.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Rezepte:
Als Purgans: Sirupus Rhamni catharticae (DAB. VI):
- Rp.:
Als Purgans:
- Rp.:
Bei Fettsucht (nach Ulrich):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.