Salvia officinalis. Gartensalbei. Labiatae.
Name: Sálvia officinalis L. (= S. cretica L. p. p., = S. chromatica et papillosa Hoffm., S. grandiflora Ten., = S. major et minor Gmelin). Gartensalbei, Edler Salbei, Echter oder Königssalbei. Französisch: Sauge, serve; englisch: Shop-sage; italienisch: Salvia, erba savia; dänisch: Salvie; litauisch: šalavijas; norwegisch: Salvie; polnisch: Szalwja; russisch: Szalfiej; tschechisch: šalvej lékařská; ungarisch: Orvosi zsálya.
Verbreitungsgebiet: Kultiviert in Europa bis 70°nördl. Breite.
Namensursprung: Der Name "Salvia", der sich bereits bei Plinius für verschiedene, besonders gegen katarrhalische Erkrankungen gebrauchte Labiaten findet, ist leicht vom lateinischen salvare = heilen abzuleiten. Das deutsche "Salbei" (ahd. salbeia) ist ein Lehnwort aus dem lateinischen "salvia". Statt "der" sagt man auch "die" Salbei.
Volkstümliche Bezeichnungen: Von den zahlreichen (oft volksetymologisch angelehnten) mundartlichen Formen seien genannt: Selwe (Ostfriesland), (krusen) Saphei (Schleswig), Zaffee (Altmark), Zuffeën (Bremen), Shuweejen (Ostfriesland), Zaffi, Zallfi, Sophie, smallen Sophie (Mecklenburg), schmal Zel(e)b (Hunsrück), Selb, Silb (Nahegebiet), Sälwen, Sälf (bergisch), Salver, Salverer, Salvet, Salvle (bayrisch-österreichisch), Selve, Salbineblatt (Baden), Sälvli, Selfi, Salfi, Salbine (Schweiz). Auf den starken Geruch der Pflanze, die daher auf dem Lande von alten Frauen gern in die Kirchensträuße getan wird, gehen Geschmackblätter (Schlesien), Schmecket (Baden), Altweiberschmecken (Mittelfranken), Schmacke(n)blett (Elsaß), Rûchblötter (Nordthüringen). Andere Bezeichnungen sind schließlich Chüechlikraut, Blätter werden in Teig gebacken (Thurgau), Müüsli, Müüsliblatt, -chrut (Zürich, Schaffhausen).
Botanisches: Gartensalbei ist ein Halbstrauch, der aus Südeuropa stammt, wo er an sonnigen Kalkhängen vorkommt. Er bildet 0,50 bis 1 m hohe Büsche. Der Stengel ist unterwärts holzig. Die derben, zum Teil wintergrünen, gestielten Blätter sind länglich-eiförmig, fein gekerbt und fein runzlig, am Grunde bisweilen geöhrt. Blätter und Stengel, der vom Grunde aus ästig ist, sind vor allem in der Jugend weißgrau-filzig behaart. Die Blüten bilden an den Haupttrieben sechs- bis zehnblütige Wirtel, die zu vier bis acht übereinander stehen. Die Blütenkrone ist violett, zweilippig, hat eine gerade Oberlippe und zwei Staubgefäße. Blütezeit: Mai bis Juli. Ihren charakteristischen, feinaromatischen Geruch und Geschmack erhalten die Salbeiblätter durch zahlreiche Drüsenhaare und sitzende Scheibendrüsen, die ein ätherisches Öl enthalten.
Geschichtliches und Allgemeines:
Der Salbei hat schon im frühen Altertum eine bedeutende Rolle als Heilpflanze gespielt. Welche der Salbeiarten bei den Griechen als _λελ_σφαχον (elelisphakon) bezeichneten Pflanzen entspricht, ist schwer zu entscheiden, da Griechenland mehr als 20 Arten dieser Gattung aufweist. Die Hippokratiker, Dioskurides, Plinius, Galenus u. a. rühmen dem Salbei blutstillende, harntreibende, stärkende und menstruationsfördernde Eigenschaften nach. Von Plinius wird dem Salbei außerdem noch die Fähigkeit zugeschrieben, "die Bisse der Schlange zu reinigen" und mit Wermut zusammen die Ruhr zu heilen. Sehr eingehend beschäftigte sich einige Jahrhunderte später Aëtius mit der Pflanze, von der er u. a. berichtet, daß sie zur Beförderung der Konzeption dienlich sei und von den Landleuten äußerlich gegen Furunkel angewandt würde. Auch im Mittelalter war er in Europa sehr geschätzt. Der Mönch Walafridus Strabo (9. Jahrh. n. Chr.) eröffnet mit der Salvia sein "Hortulus" genanntes Lehrgedicht über die zu Heilzwecken angebauten Gartenpflanzen:
Im "Capitulare" Karls des Großen wird der Salbei genannt, ebenso ist er schon frühzeitig nach England gekommen, wo ihn die Angelsachsen als "salfie" in Gärten anbauten. In England ist auch noch jetzt das Sprichwort bekannt:
Eine sehr hohe Meinung hatten die Ärzte der Salernitaner Schule von dem Salbei, wie aus dem folgenden von ihnen geprägten Vers hervorgeht:
(Warum stirbt der Mensch, in dessen Garten der Salbei wächst? Gegen die Macht des Todes gibt es kein Heilmittel in den Gärten. Mit anderen Worten: "Gegen den Tod ist kein Kräutlein gewachsen". Nach Aufzählung der Heilkräfte folgt die Schlußzeile: "Salvia salvatrix, naturae conciliatrix". (Salbei, du Heilerin, Vermittlerin der Natur.)
Salbei wurde so hoch geschätzt, daß Chr. Fr. Paullini zu Ausburg 1688 eine ausführliche, 414 Seiten umfassende Monographie über diese Pflanze veröffentlichte.
In den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts nimmt er als diuretisches, emmenagoges, expektorierendes und wundenheilendes Mittel usw. einen großen Platz ein. In den nächsten Jahrhunderten wissen die botanisch-medizinischen Bücher aber wenig Neues über ihn zu berichten, und erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts befaßt sich van Swieten, ein Schüler Boerhaaves, wieder eingehender mit ihm und weist nachdrücklich auf den Gebrauch als schweißhemmendes Mittel hin, als welches auch der Engländer Sydenham ihn erfolgreich angewandt hatte.
Sehr häufig kann man sehen, daß sich die Landbevölkerung mit einem Salbeiblatt die Zähne abreibt, um diese gesund zu erhalten. Da man früher annahm, daß der Gebrauch des Karlsbader Wassers den Zähnen schädlich sei, so war es in Karlsbad ein alter Brauch der Kurgäste, sich die Zähne mit Salbei zu reinigen. Es handelt sich dabei aber nicht, wie man geneigt ist zu glauben, um eine spezifische Wirkung, sondern das Salbeiblatt ist wie Sandpapier rauh, hart und zäh, und die Reinigung ist eine rein mechanische. Auch als Küchengewürz findet er heute noch viel Anwendung. Daß eine Pflanze mit so ausgesprochenem aromatischem Geruch in der Zaubermedizin der früheren Zeiten an erster Stelle stand, versteht sich von selbst. Sie ist in Parfümerien sehr geschätzt, da das Harz im ätherischen Öl ihm fixative Eigenschaften gibt.
Wirkung
Bei Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 321, 328, Bd. 2, S. 366, 438, 445, Bd. 3, S. 333, 350, 355, 385, 433, 517.) fand Salbei als stopfendes und Uterusmittel häufig Anwendung.
Als vielgenanntes Mittel findet er sich auch in den Werken Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 530, 721, 919, Bd. 2, S. 93, Bd. 3, S. 209, 465, 545 u. a.), der Salbei gegen Fieber und akute Krankheiten, Kopfschmerzen und Erkrankungen der Harnwege empfahl.
Als Hauptmittel bei Kolik scheint Salbei der hl. Hildegard (Der Äbtissin Hildegard Causae et Curae, S. 157, 184, 194.) gedient zu haben, die ihn außerdem gegen Kopfweh verordnete.
Die mittelalterlichen "Väter der Botanik" Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 197 C.), Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 19.) und Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 242 D.) bringen lange Aufzählungen der Indikationen und rühmen den Salbei als hustenlindernd, diuretisch, emmenagog, blutreinigend und -stillend, wundheilend, wirksam gegen Erkältungsfolgen, insbesondere des Halses und Kehlkopfes, gegen faule Geschwüre und als Konservierungsmittel der Zähne.
Van Swieten (Swieten, Gerard van, Commentaria in Hermanni Boerhaave Aphorismos de cognoscendis et curandis morbis, 1745, Bd. II.) und Sydenham (Sydenham, Observationes medicae circa morborum acutorum historiam et curationem, Bd. I, London 1668.) benutzten ihn gegen die profusen Schweiße, die in der Rekonvaleszenz nach akuten Krankheiten auftreten, doch war ihnen auch die schweißfördernde Wirkung bekannt. Van Swieten empfahl das Mittel außerdem gegen Galaktorrhöe.
Nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1201.) reinigt der Salbei, öffnet, stärkt die Nerven und wirkt expektorierend.
Hecker (Hecker, Pract. Arzneimittell., 1814, Bd. I, S. 285.) rechnet ihn zu den tonischen Mitteln, die auf die erschlaffte Haut, Schleimhäute und andere Sekretionsorgane einwirken. So verordnet er Salbei zur Wiederherstellung unterdrückter Hautausdünstung wie auch zur Einschränkung zu reichlicher, entkräftender Schweiße; zur Verbesserung der Schleimsekretion der Lungen und des Urogenitalsystems (Blasenkatarrh, Nachtripper, Fluor albus, Steinbeschwerden, Sand, Grieß), zur Einschränkung der Laktation, schließlich als Stomachikum und Karminativum. Den lokalen Gebrauch rät er bei skorbutischem Zahnfleisch, chronischen und katarrhalischen Entzündungen, erschlafftem Zäpfchen und Aphthen.
In gleicher Weise wandte auch Schneider (Schneider, Klin. Unterhaltungen, Heidelberger klin. Annal., 1831, Bd. VII. H. II.) den Salbei äußerlich an, und ebenso wird er in der englischen und amerikanischen Medizin (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, Bd. III, S. 206, London 1880.) vorwiegend als Gurgel- und Spülmittel bei den genannten Erkrankungen benutzt. Die Anwendung als Antidiaphoretikum wurde von Schneider auch auf die nächtlichen Schweiße der Phthisiker ausgedehnt.
Auch Pidoux und Trousseau (Pidoux et Trousseau, Traite de thérapeutique et de matière médicale, Bd. II, 2. Aufl., Paris 1841.) erprobten ihn als schweißhemmendes Mittel. Die Tatsache, daß er aber auch schweißfördernde Eigenschaften besitzt, bestätigte sich ihnen durch einen Selbstversuch von Pidoux, der nach Einnahme eines Aufgusses von 15 g Fol. Salviae mehrere Stunden anhaltenden kopiösen Schweiß verbunden mit unerträglicher fliegender Hitze, geringe Pulsbeschleunigung, Verminderung der geistigen Leistungsfähigkeit, starken Durst, Trockenheit des Mundes und Schlundes, starke Obstipation, Steigerung der Eßlust und geringe Schlaflosigkeit beobachtet haben will.
Krahn (Krahn, Dissertat. Greifswald 1896.) konnte allerdings bei einer Nachprüfung dieses Versuches diese Nebenwirkungen bis auf eine kurz andauernde Trockenheit des Mundes und Schlundes nicht verzeichnen.
Gleichfalls zur Minderung der Schweißsekretion, außerdem gegen Hämaturie wird der Salbei von Hufeland (Hufeland, Enchir. medic., S. 239, 280; Hufelands Journal, Bd. 75, III., S. 9.) empfohlen.
Als Volksarzneimittel wird er schon von Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, 1829, S. 120, 133, 152, 160, 167, 226, 283, 327 ff.) häufig erwähnt, z. B. berichtet dieser auch von einem an Hämoptoe leidenden Patienten, der durch jahrelangen Gebrauch des Mittels gesund wurde.
Nach Schulz (Schulz, H., Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 175.) verwendet ihn die heutige deutsche Volksmedizin bei Angina, Aphthen, Menstruationsstörungen, Fluor albus, Neigung zu habituellem Abort, Afterjucken infolge von Hämorrhoiden, Cystitis, chronischen Leber- und Milzleiden und zur Einschränkung der Milchdrüsensekretion. In der russischen Volksmedizin (Demitsch, W., in Histor. Studien aus d. pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, 1889, Bd. I, S. 229.) wird er allgemein innerlich bei Erkältungen der Luftwege wie Husten, Halsentzündung usw. gebraucht, äußerlich dient er als Adstringens.
In neuerer Zeit behandelte Krahn (Krahn, vgl. 14.) versuchsweise Nachtschweiße der Phthisiker mit Salvia und konnte Erfolge erzielen, die mit den durch Atropin erreichten konkurrierten. Von den 38 Patienten, die mit dem Mittel behandelt wurden, konnten bei 31 die Schweiße vollkommen beseitigt werden, bei fünf trat Verminderung der Schweiße ein und nur bei zwei Patienten blieb der Erfolg völlig aus.
Von der großen Anzahl der Veröffentlichungen der letzten Jahre, die sich mit der schweißhemmenden Wirkung des Salbei bzw. der aus ihm gewonnenen Auszüge beschäftigen, sind einige in der Fußnote (Baimakoff, Wratschebnaja Gazeta 1904, Nr. 23; Curth, Med. Welt 1927, Nr. 41; Katz, Therap. d. Gegenw. 1923, Nr. 2; Sternberg, Wien. med. Wschr. 1926, Nr. 43; Zöckler, Dtsch. Arch. f. klin. Med. 1926, Bd. 154, Nr. 1; Zwerg, Dtsch. med. Wschr. 1925, Nr. 42; Danzer, Münchn. med. Wschr. 1925, Nr. 37; Schrottenbach, Wien. med. Wschr. 1931, Nr. 6, S. 287.) zusammengestellt, hier sei nur noch die Arbeit von A. Jost (Jost, A., Dissert. Bonn 1934.) erwähnt. Dieser Verfasser berichtet über Versuche, die schweißhemmende Wirkung des Salbei an nicht an Hyperhidrosis leidenden Patienten mit Hilfe einer Apparatur (Ein Metallstiefel, der bei mittelgroßen Patienten ungefähr bis zur Mitte des Oberschenkels reicht, wird über das Bein gestülpt und durch eine oben befestigte Gummimanschette oben luftdicht abgeschlossen. Mit einem kleinen Motor treibt man durch den Stiefel einen Luftstrom, der vorher durch einen mit Calciumchlorid gefüllten Absorptionsturm geleitet wird, um ihm die Feuchtigkeit zu entziehen. Die trockene Luft nimmt in dem Stiefel das durch die Haut des Beines abgeschiedene Wasser auf. Von hier leitet man sie dann durch U-förmige Röhrchen, die auch mit Calciumchlorid gefüllt sind. In diesen gibt sie das aufgenommene Wasser wieder ab. Wiegt man die Röhrchen vor und nach dem Versuch, so gibt die Differenz der Gewichte die Menge des Wassers an, die in dieser Zeit von dem umgrenzten Hautbezirk des Beines abgegeben wurde. Die Ventilationsgröße des Luftstromes läßt sich durch die Umdrehungsgeschwindigkeit des Motors regulieren. Zu ihrer dauernden Kontrolle ist in die Apparatur ein Gasometer eingeschaltet.) festzustellen, die es ermöglicht, die Hautwasserausscheidung einer bestimmten Zeit zu messen. Es zeigte sich, daß die Hautwasserausscheidung durch Verabreichung des Salbei wesentlich verringert wurde (teilweise bis auf 44%) und daß diese Verringerung ihr Maximum stets nach 2-2 ½ Stunden erreichte.
Bei Diabetikern soll Salbei ausgesprochen zuckererniedrigend wirken (L. Ferranini, zit. nach Chem. Centralbl. 1936, II, S. 2404.). Intravenöse Injektionen von Salbeiextrakt erhöhten die Gallensekretion (Chabrol, Charonnat, Maximin et Busson, C. r. S. Biol. Paris 1932, Bd. 109, S. 257.). Nach Böhler (Böhler, Hüter und Wächter der Gesundheit, S. 263.) haben Umschläge mit Salbeiaufguß bei übelriechenden Unterschenkelgeschwüren, bei denen andere Mittel versagten, oft Heilung erzielt.
Die Wirkung des Salbei auf die Schweißsekretion ist wohl in erster Linie auf den Gehalt an ätherischem Öl (1,3-2,5%) (Gildemeister-Hoffmann, ätherische Öle, Bd. 1, S. 200, Bd. 3, S. 485.) und an Gerbstoff (mehr als 5%) (Vollmer, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1934, Bd. 176, S. 212.) zurückzuführen (Poulsson, Lehrb. d. Pharm., S. 281; Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 243.). Als Bestandteile des ätherischen Öles werden angegeben: d- und α-Pinen, Cineol, l-Campher, Sesquiterpen C15H24, Thujon (= Salvon, Salviol) als d- und l-Thujon bis 50%, d-Borneol, d-Campher und Kohlenwasserstoff Salven C10H18. Die Wurzel enthält Asparagin 0,03% (etwas Asparagin findet sich auch im Kraut) und etwas Glutamin (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 1038.).
Balansard (Balansard, Bull. des Sciences pharmacol., 43, 148, 1936.) fand neben geringen Mengen von Glukosid 0,15% saures Saponin. Bei eigenen Untersuchungen über Toxingehalt wurden geringe Mengen von ausfällbarem Eiweiß festgestellt. Weiter wurde gefunden, daß, so paradox es auch klingen mag, Salvia in starken Dosen nicht keimtötend wirkt, während sie dagegen bei einer gewissen Verdünnungsstufe plötzlich keimtötend wirkt. Diese merkwürdige Wirkung wurde zunächst für einen Versuchsfehler gehalten, doch brachten einige Wiederholungen immer wieder dasselbe Resultat. Immerhin sind weitere Nachprüfungen erwünscht.
Nach Kobert kann das ätherische Salbeiöl Epilepsie hervorrufen (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 585.). Den gelegentlichen Gebrauch der Pflanze als Abortivum führt er ebenfalls auf die Wirksamkeit des Öles zurück (Kobert, Lehrb. d. Pharmakother., S. 634.).
Urbach und Wiethe (Urbach u. Wiethe, Münchn. med. Wschr. 1931, S. 2030.) teilen mit, daß eine 55jährige Patientin, die als Kind oft an Ekzemen gelitten hatte, nach dem Gurgeln mit Salbeitee an Lippen- und Mundschleimhaut Schwellung und Entzündung bekam, die sich immer wiederholten, wenn sie mit Salbeitee in Berührung kam. Auf Grund umfangreicher Untersuchungen scheint den Verfassern der Beweis erbracht, daß hier ein spezieller, bisher unbekannter Anteil des ätherischen Öles, und zwar wahrscheinlich die Duftstoffe desselben, als Allergen in Betracht kommt.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Als stärkendes, reinigendes, harn- und menstruationstreibendes Mittel, gegen Husten; äußerlich auf Wunden und als Gurgelwasser.
Litauen: Als Spül- und Gurgelmittel bei Erkrankungen der Mund- und Rachenhöhle.
Polen: Bei Magen- und Darmkrankheiten.
Ungarn: Bei Vergiftungen, Husten, Leber- und Milzleiden, Ruhr und als harntreibendes Mittel.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Salvia ist ein sehr gutes Regulationsmittel für Sekretionen, insbesondere für die Schweißsekretion. Es wirkt in Form von Salvia "Teep" bei wenig schwitzenden Personen schweißtreibend, bei stark schwitzenden Personen schweißhemmend*), und man kann es in geeigneten Fällen als ein vegetabilisches Acidum acetylosalicylicum bezeichnen.
Als schweißhemmendes Mittel hat es sich bei den Nachtschweißen der Phthisiker sehr gut bewährt, ebenso bei übermäßigen Schweißausbrüchen in der Pubertätszeit und im Klimakterium. So schreibt mir Weissel, daß er in einigen sehr schweren Fällen von Kachexie, bei denen starker Schweißausbruch in der Nacht eintrat, durch die Verordnung von Salvia in Form des Oligoplex die Schweißsekretion steuern konnte und daß sichtbare Besserung eintrat. Das vorher von anderer Seite angewandte heiße Salbeimazerat hatte nicht den gleichen Erfolg.
Doch erstreckt sich die Wirkung des Mittels nicht allein auf die Schweißdrüsen, sondern es wirkt auch hemmend auf die Sekretion der Milchdrüsen, so daß es mit ausgezeichnetem Erfolge beim Entwöhnen der Säuglinge zur Einschränkung der Laktation gegeben werden kann.
Bei Erkrankung der Respirationsorgane, wie Pharyngitis, Laryngitis, Anginatons., Atemnot, Lungenkatarrh, Husten und Verschleimungen aller Art wird Salvia gern gegeben, doch steht bei allen entzündlichen Erkrankungen der Mund- und Rachenhöhle wie Pharyngitis, Angina, Stomatitis, Gingivitis, Stomakake und Skorbut der äußerliche Gebrauch als Gurgelwasser (allein oder in Verbindung mit Kamillen und Zinnkraut) im Vordergrund. Bei schwerer Hals- und Mandelentzündung empfiehlt Rudolph zum Gurgeln zu einem halben Liter warmen Salbeitee 40 Tropfen der Echinacea Urtinktur zu tun. Bei Gingivitis läßt man frische Salbeiblätter fein zerkaut längere Zeit an der kranken Stelle einwirken. Auch zur Ablösung von Zahnstein sind Spülungen mit Salbei günstig.
Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung verschiedener Heilpflanzen bei:
** missing image **Auf Gastropathien wie Diarrhöen, Enteritis, Magengeschwüre, Blähungen, Magenverschleimung und Appetitlosigkeit übt Salvia einen günstigen Einfluß aus und wird auch bei entzündlichen Erkrankungen der Leber, Galle und der ableitenden Harnwege und bei Fluor albus gelegentlich genannt. M. Müller ist der Ansicht, daß der Salbei bei längerem Gebrauch vorzüglich auf das Pfortadersystem wirkt, und Junge nennt ihn lebensverjüngend und wendet ihn bei Adipositas an. Feldmann will auch einen günstigen Einfluß bei Diabetes gesehen haben (im Wechsel mit Alchemilla). Schließlich findet Salbei noch als Blutreinigungsmittel, insbesondere bei Ekzemen gichtischer Herkunft und äußerlich bei lange eiternden Wunden und zur Kopfwäsche Anwendung. Er wird als die Schweißsekretion regulierendes Mittel einzeln und in Mischung gegeben, bei Gastropathien ist ein Teegemisch mit Absinthium und Centaurium angezeigt.
*) Beispiele für die Anwendung:
(Nach Schulz, Wirkung und Anwendung der deutschen Arzneipflanzen, 2. Aufl., 1929. S. 177.)
I. Ein mir bekannter Gynäkologe erbat sich eines Tages meinen Rat in folgendem Falle: Er hatte bei einer Patientin die Totalexstirpation vorgenommen. Alles war nach Wunsch gegangen, die Patientin schon seit einiger Zeit wieder aus der Klinik entlassen und in ihrem Haushalt tätig. Da stellte sich bei ihr ein ganz gewaltiges Schwitzen ein, das die Frau sehr mitnahm. Der Kollege war der sicherlich nicht abzuweisenden Ansicht, daß es sich um einen Folgezustand des durch die Operation bedingten Verlustes an für den ganzen körperlichen Haushalt wesentlichen Organen handle, der Zustand mithin unbegrenzt lange anhalten könne und die Anwendung von Atropin deswegen ebenso aussichtslos wie undurchführbar sein müßte. Zunächst war guter Rat teuer. Dann aber fiel mir die Salbei ein, und ich schlug vor, einmal eine Zeitlang Salbeitee trinken zu lassen. Wie vorauszusehen, erregte dieser Vorschlag des Pharmakologen zuerst das Mitleid und den Zweifel des erfahrenen Klinikers. Da er aber selbst nichts Besseres wußte, entschloß er sich zu dieser Therapie, nachdem ich ihm die Versicherung hatte geben können, daß irgendein Schaden für seine Patientin daraus nicht erwachsen würde. Nach einiger Zeit erschien er und berichtete, daß zu seinem und der Patientin freudigem Erstaunen das Schwitzen zunächst nachgelassen, dann aber ganz aufgehört habe. Die Frau trank dann ihren Salbeitee jeden Tag weiter. Nach einem Jahre etwa aber kam etwas Besonderes und Unerwartetes. Die Patientin fing an, über unangenehme Schmerzen in den Handflächen zu klagen. Woher sie stammten, ließ sich so einfach nicht sagen. Die Möglichkeit, daß es sich um einen Ausdruck chronischer Salbeiwirkung handele, war bis zum Beweis des Gegenteiles nicht von der Hand zu weisen. Es wurde also zunächst das Trinken des Salbeitees ausgesetzt. Nach einiger Zeit verloren sich die Schmerzen, dann aber setzte langsam das Schwitzen wieder ein. Nun gab es wieder Salbeitee, solange, bis die Schmerzen wieder unaushältlich wurden. Und so ist es dann im steten Wechsel zwischen den Schmerzen und der übermäßigen Schweißproduktion weitergegangen, da der letzte Grund des Leidens doch nun einmal nicht zu beseitigen war. Ich habe wenigstens später nichts mehr über das Ergehen der Frau erfahren können.
(Nach Krahn, Dissert. Greifswald 1896, S. 48.)
II. Anna Dr., 19 J. Diagnose: Tuberculosis pulmonum incipiens. Nachts bestehen mäßig heftige Schweiße. Gegen dieselben erhält die Patientin vom 8. 8. 1895 an von der Tinct. Salviae morgens 20, abends 40 Tropfen.
9. 8. Patientin ist daraufhin schon in der vergangenen Nacht von Schweißen vollkommen befreit geblieben.
20. 8. Auch in keiner der folgenden Nächte sind bei der Patientin wieder Schweiße hervorgetreten. Die Salbeitinktur wird daher von heute ab ausgesetzt. Trotzdem ist die Patientin bis zu ihrer am 24. 8. erfolgten Entlassung aus der Behandlung vollkommen schweißlos geblieben. Fieber bestand bei der Patientin nicht. Keine Nebenerscheinungen.
Angewandter Pflanzenteil:
Nur Hippokrates erwähnt einmal die Samen zu arzneilicher Verwendung. Sonst findet sich von der hl. Hildegard bis auf die moderne Literatur immer nur die Angabe, daß die Blätter bzw. das Kraut als Heilmittel verwendet werden.
Auch das HAB. schreibt zur Herstellung der Essenz die frischen Blätter (§ 3) vor. Solche werden auch verwendet zur Herstellung des "Teep".
Sammelzeit: Vor der Blüte, Juni bis August, an warmen, sonnigen Tagen von Mittag an.
Folia Salviae sind offizinell in allen Staaten mit Ausnahme von Finnland, Schweden, Belgien, Argentinien, USA. In einigen Staaten sind die beblätterten Sprosse (Herba seu Summitates Salviae) offizinell.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
Maximaldosis:
Verträglichkeitsprüfung am Gesunden:
Bei der Prüfung von Salvia "Teep" forte (0), dreimal täglich 1 Teelöffel voll, zeigte sich bei Personen, die zur Schweißbildung neigen, eine starke Schweißvermehrung und bei Personen, die schwer schwitzen, ein starker Harndrang mit gesteigerter Diurese. Bei der Anwendung von Salvia in der Verdünnung von "Teep" mite (D 1), dreimal täglich 1 Tablette, steht die schweißhemmende Wirkung im Vordergrund.
Rezepte:
Zur Schweißregulierung:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 1,7 g, so daß der Tee zweckmäßig mit 1 Teelöffel voll auf 1 Teeglas heiß bereitet wird.).
Gegen Nachtschweiße (nach Rost-Klemperer):
- Rp.:
Als Antidiaphoretikum (nach Kroeber):
- Rp.:
Zur Hemmung der Milchsekretion (nach Meyer):
- Rp.:
Als Stomachikum (nach Seidel):
- Rp.:
Als Gurgelwasser bei entzündlichen Erkrankungen der Mund-und Rachenhöhle (F. M. Germ.):
- Rp.:
Oder (nach Fischer):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.