Asperula odorata. Waldmeister. Rubiaceae.

Bild: Asperula Odorata Karte: Asperula Odorata

Also see: Asperula odorata. Waldmeister. - Galium aparine. Klebkraut. - Rubia tinctorum. Krapp.

Name: Aspérula odoráta L. Echter Waldmeister. Französisch: Aspérule odorante, petit muguet, muguet des bois, reine des bois. hépatique étoilée; englisch: Woodruffasperule, sweet woodruff; italienisch: Asperella odorata, stellina; dänisch: Skovmärke; norwegisch: Velluktende myske; polnisch: Marzanna wonna; russisch: Jasmiennik; tschechisch: Mařinka vonná; ungarisch: Szagos müge.

Namensursprung: Asperula ist das Diminutiv vom lateinischen asper = rauh wegen der rauhen Blätter einiger Arten; odorata kennzeichnet die duftende, wohlriechende Pflanze, die in alten Kräuterbüchern als Matrisylvia, Herzfreund, Leberkraut, Sternleberkraut erscheint.

Volkstümliche Bezeichnungen: Waldmannla (Egerland), Waldmannl (Erzgebirge), Waldmännli (Aargau), Meier-Chrut (Schweiz) dürften Weiterbildungen von Waldmeister sein. Auf die Blütezeit beziehen sich Maiblume, -kraut (Hessen), Gugger-Blueme = Kuckucksblume (Aargau). Die niederdeutschen Formen Möhsch, Mähsk, Meusch (Mecklenburg), Möösch (Lübeck), Möschen (Schleswig), Möischen (Holstein) gehören zu Moschus (wegen des angenehmen Duftes).

Botanisches: Der Waldmeister gehört zur Familie der Rubiaceae oder Rötegewächse. Die 10 bis 60 cm hohe Pflanze ist ausdauernd und kommt in schattigen Wäldern, vor allem in Buchenwäldern von der Ebene bis in die Voralpen vor. Die lanzettlichen, stachelspitzigen Blätter sind zu sechs bis acht quirlig angeordnet, während die Blüten eine endständige, reich verzweigte, lockere Trugdolde bilden. Die Blüten sind klein, weiß, die Früchte kugelig und mit hakigen Borsten besetzt. Besonders in welkem Zustande duftet der Waldmeister stark nach Cumarin. Der Waldmeister bevorzugt Lauberde und tritt gewöhnlich gesellig auf. Blütezeit: Mai bis Juni.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die arzneiliche Verwendung des Waldmeisters ist wahrscheinlich im Altertum unbekannt gewesen. Die Heilkünstler des Mittelalters wissen auch nicht viel über seine Heilkraft zu berichten, sie nennen ihn als herzstärkendes und schweißtreibendes Mittel und gegen Leberleiden und Gelbsucht. Der König Stanislaus von Polen soll jeden Morgen eine Tasse Waldmeistertee getrunken und in diesem Mittel den Grund seiner ausgezeichneten Gesundheit gesehen haben.

Die Herstellung des Maitrankes ist wohl schon lange in allen weinbautreibenden Gegenden Mitteleuropas beliebt. Zum erstenmal wird er im Jahre 854 durch den Benediktinermönch Wandalbertus aus der Eifelstadt Prünn erwähnt. "Schüttle den perlenden Wein auf das Waldmeisterlein" heißt es in einem Liede, das uns zugleich das sehr einfache Rezept des Maitrankes angibt.

Wirkung

Als vorzügliches Lebermittel wird der Waldmeister von Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 316.) gerühmt, er soll die entzündete Leber kühlen, die verstopfte öffnen und reinigen, Eiterungen der Leber resolvieren (als Pflaster aufgelegt) und dieses Organ wie auch die Milz stärken, außerdem gegen Gelbsucht und hitzige Geschwüre dienlich sein.

Auch v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 781.) kennt die Pflanze als ein gutes Leber- und Wundkraut, das gelind zusammenziehe.

Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, 1829, S. 42.) nennt sie als Hustenmittel.

Nach Aschenbrenner (Aschenbrenner, Die neueren Arzneimittel u. Arzneizubereitungsformen, S. 44, Erlangen 1851.) wurde sie als Diuretikum und Diaphoretikum bei Bauchwassersucht empfohlen.

In der heutigen Volksmedizin verwendet man Waldmeistertee gegen Hydrops und Lithiasis (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 239.).

Das lettische Volk wendet einen Branntweinauszug mit Wasser verdünnt gegen Leibschmerzen an (J. Alksnis, in Histor. Studien aus d. pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, S. 188, Bd. IV, Halle 1894.). Auch nach Kneipp (Seb. Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 976, München 1935.) bringt ein warmer Tee vom Waldmeister bei Unterleibsleiden große Linderung.

Das in Asperula odorata enthaltene Cumarin ruft eine Lähmung des Zentralnervensystems hervor. Kleine Mengen von Cumarin, etwa die im Maitrank aufgenommenen, machen Eingenommensein des Kopfes und Kopfschmerzen, die sehr heftig werden können (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S, 392.). In größeren Dosen (3,75 g) erzeugt es Ekel, Erbrechen und Schwindel (Malewski, Dissertat. Dorpat 1855; Bleibtreu, Ann. der Chemie u. Pharm., Bd. 59, S. 198.).

Nach subkutaner und intravenöser Injektion beobachtete Köhler (Köhler, Med. Cbl. 1875, S. 867 u. 881.) bei Warm- und Kaltblütern langdauerndes Koma und Tod.

Nach den von Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 191, Paris 1927.) zitierten französischen Autoren besitzt das Cumarin eine abstumpfende, hypnotische und anästhesierende Wirkung, indem es das Gehirn und die Reflexerregbarkeit lähmt, ohne das periphere Nervensystem zu beeinflussen. Man kann die cumarinhaltigen Pflanzen, zu denen auch der Steinklee (Melilotus officinalis) und das Immenblatt (Melittis melissophyllum) gehören, nach ihm als Antispasmodikum denjenigen Patienten verschreiben, deren Empfindlichkeit die Anwendung stark wirkender Arzneimittel verbietet. Ein 5%iges Infus zeitigte oft gute Resultate bei der Schlaflosigkeit der Kinder, Greise und derjenigen Kranken, deren Leiden auf eine Störung des Sympathikus zurückzuführen war. Nach der Mahlzeit genommen, erleichtert es die Verdauung, besonders wenn diese von Schwindel und Angstgefühl begleitet ist. Auf das Nierensystem wirken die Cumarinpflanzen durch Vermehrung der Diurese. Auch machen sie den Harn klarer, weswegen Leclerc vermutet, daß das Cumarin eine antiseptische Eigenschaft besitzt, zumal das Cumarin sich im Harn wiederfindet.

Außer dem Cumaringlykosid ist in Asperula odorata auch das kristallinische Glykosid Asperulosid (im Mai 0,05% der frischen Pflanze) enthalten (Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 1182.).

Das Cumaringlykosid wird beim Welken des Krautes gespalten, so daß der Cumaringeruch hier sehr viel stärker ist als bei der frischen Pflanze. Bei Untersuchungen über Toxingehalt wurden mittlere Mengen von ausfällbarem Eiweiß von sehr geringer Giftigkeit festgestellt (Nach eigenen Untersuchungen.).

In der Homöopathie wird der Waldmeister als Mittel gegen Scheiden- und Gebärmutterkatarrh erwähnt (Heinigke, Handb. d. hom. Arzneiwirkungsl., S. 97.).

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Brust- und Unterleibsleiden.

Norwegen: Gegen Husten und als Wundsalbe (I. R-K.).

Polen: Das Kraut als Beruhigungsmittel.

Tschechoslowakei: Das frisch zerquetschte Kraut wird auf eiternde Wunden gelegt, zur Beruhigung auf die Stirn bei Kopfschmerzen. Die getrockneten Blätter werden bei Zahnweh gebraucht.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Ein Waldmeisterauszug aus frischen Pflanzen wirkt in ganz geringen Dosen erfrischend. Ein Auszug aus den trockenen Pflanzen wirkt beruhigend bei Leibschmerzen, Schlaflosigkeit und unregelmäßiger Herztätigkeit. Als Unterstützungsmittel wird er auch bei Leberstauungen und bei Ikterus gern gegeben. Die harnklärende und harntreibende Wirkung gibt häufig den Anlaß zur Anwendung bei Hydrops, Neigung zu Harngrieß- und -steinbildung. Innerlich und äußerlich angewandt wirkt er auch bei Dermatopathien (eiternden Geschwüren und Exanthemen).

Die beliebteste Verordnungsform ist die im Teegemisch, und zwar u. a. mit Gentiana, Thymus vulgaris, Fumaria, Valeriana, Juniperus, Absinthium und Melissa.

Angewandter Pflanzenteil:

Gebräuchlich als Arzneimittel war immer das Kraut, das als Herba Matrisylvae seu Hepaticae Stellatae offizinell war.

Für die Herstellung der Präparate empfiehlt sich das frische, kurz vor der Blütezeit gesammelte Kraut. Demgemäß wird auch das "Teep" bereitet. Die homöopathische Essenz nach dem HAB. hat den gleichen Ausgangsstoff (§ 3).

Dosierung:

Übliche Dosis:
2 Teelöffel voll (= 1,8 g) zum kalten Auszug täglich.
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" drei- bis viermal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Hb. Asperulae eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Pflanzensubstanz.)

In der Homöopathie:

dil. D 1-2, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch können größere Dosen gefährlich werden, vgl. Wirkung.

Rezepte:

Bei Leibschmerzen, Leberstauungen und Ikterus:

Rp.:
Hb. Asperulae odor. conc. . . . 50 (= Waldmeisterkraut)
D.s.: 2 Teelöffel auf 1 Teeglas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen, tagsüber trinken.
(Teezubereitung: Der im Verhältnis 1 : 10 heiß hergestellte Tee gibt einen Extraktgehalt von 2,4% gegenüber 2,1% bei kalter Zubereitung. Die Aschengehalte des Extraktes betragen 0,50 und 0,52%. Die Peroxydasereaktion ist nur in der kalten Zubereitung und auch dort nur sehr schwach positiv. Geschmacklich schien uns der kalt bereitete Tee aromatischer.
1 Teelöffel voll wiegt 0,9 g. Der Tee wird im Hinblick auf den Geschmack kalt unter Verwendung von 2 Teelöffeln voll auf 1 Teeglas angesetzt.).
Rezepturpreis ad chart. etwa -.52 RM.

Bei Kopfschmerzen (nach Dinand):

Das frische zerquetschte Kraut wird als Stirnumschlag aufgelegt.

Bei Aszites (nach Fischer):

Rp.:
Hb. Asperulae odoratae (= Waldmeisterkraut)
Hb. Fumariae officinalis (= Erdrauchkraut)
Rhiz. Calami (= Kalmuswurzelstock)
Fruct. Phaseoli sine semin. . . . aa 25 (= Bohnenschalen)
C.m.f. species.
D.s.: 3 Teelöffel auf 1 ½ Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.79 RM

Bei Hepatopathien und als Diuretikum (Gesundheitstee) (nach Dinand):

Rp.:
Hb. Asperulae odoratae (= Waldmeisterkraut)
Hb. Thymi vulgaris (= Gartenthymiankraut)
Fol. Fragariae vescae (= Erdbeerblätter)
Fol. Rubi fructicosi . . . aa 20 (= Brombeerblätter)
C.m.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel auf 1 ½ Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291. (Der Tee hat sich gut bewährt. Verf.)
Rezepturpreis ad chart. etwa -.87 RM.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.